Rz. 56
Die nichteheliche Lebensgemeinschaft ist nicht nur in Deutschland gesellschaftlich weitgehend akzeptiert. Es gibt sie in vielen anderen Ländern der Welt, wobei zahlreiche Länder mehr oder weniger weitgehende gesetzliche Regelungen für diese Form des menschlichen Miteinanders kennen. Das gilt speziell für die nordeuropäischen sowie die nord- und südamerikanischen Staaten. So hat die rechtliche Anerkennung nichtehelicher Lebensgemeinschaften in den meisten lateinamerikanischen Ländern bereits eine jahrzehntelange Tradition. Insbesondere in Brasilien war die "stabile Gemeinschaft", die sich durch das beständige, nach außen erkennbare und auf Gründung einer Familie gerichtete Zusammenleben konstituiert, schon in den 1960er Jahren zunächst von den Gerichten und sodann auch vom Gesetzgeber zunehmend mit rechtlichen Wirkungen ausgestattet. In den 1990er Jahren ist eine weitgehende Gleichstellung mit der Ehe erfolgt, die so weit geht, dass der Partner der nichtehelichen Lebensgemeinschaft ein gesetzliches Erbrecht neben dem Ehegatten hat.
Rz. 57
Andere Länder haben sich mit der Regelung von Einzelfragen begnügt. So kennt das Italienische Recht beispielsweise ein gemeinsames Sorgerecht zusammen lebender Eltern, die Niederlande kennen die Registrierung von Lebensgemeinschaften während Österreich in verschiedenen Gesetzen ausdrückliche Begünstigungen für den Lebensgefährten eingeführt hat.
Rz. 58
Fraglich ist, welches Recht anzuwenden ist, wenn einer der Partner oder beide Ausländer sind, jedoch in Deutschland leben.
Rz. 59
Sind beide Partner Ausländer und leben sie in Deutschland in nichtehelicher Lebensgemeinschaft, so richten sich die rechtlichen Folgen ihres Zusammenlebens nach ihrem Heimatrecht, soweit dieses gesetzliche Regelungen kennt. Sind also beispielsweise beide Brasilianer, so gilt auch in Deutschland das brasilianische Erbrecht.
Rz. 60
Ist nur einer der Partner Ausländer und kennt sein Heimatrecht gesetzliche Regelungen betreffend die nichteheliche Lebensgemeinschaft, so ist die Frage, welches Recht anzuwenden ist, nicht eindeutig zu beantworten. Denn die nichteheliche Lebensgemeinschaft ist kollisionsrechtlich nicht gesetzlich geregelt. Nach der wohl herrschenden Meinung kommt wegen des personalen Bezuges eine Einordnung als familienrechtlich in Betracht. Die sich daraus ergebenden Konsequenzen sind dann aber wiederum umstritten. Zunehmend wird von einer grundsätzlichen Anknüpfung an den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt ausgegangen, während andere Meinungen eine grundsätzliche Analogie zu den Art. 14 ff. EGBGB annehmen.