Dr. Julia Bettina Onderka, Dr. Michael Pießkalla
Rz. 24
Die Vergütung für eine Beratung ist, soweit nichts anderes mit dem Mandanten vereinbart wurde, auf diejenige Vergütung anzurechnen, die für eine mit der Beratung zusammenhängende Tätigkeit entsteht (§ 34 Abs. 2 RVG). Das gilt etwa für die spätere gerichtliche oder außergerichtliche Geltendmachung der vom Beratungsauftrag betreffenden Forderung. Das Gesetz lässt für die Anrechnung einen Zusammenhang zwischen der Beratung und der sonstigen Tätigkeit genügen. Dies bedeutet, dass der Gegenstand der sonstigen Tätigkeit mit dem der Beratung innerlich verknüpft sein muss und die beiden Angelegenheiten zeitlich aufeinander folgen müssen.
Rz. 25
Beispiel
Anwalt A berät Fahrer F auftragsgemäß über dessen Ansprüche im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall. F bittet A sodann, diese Ansprüche gerichtlich durchzusetzen. Eine besondere Absprache über die Anrechnung wird nicht getroffen.
Hier wird die Vergütung für die Beratung auf die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG angerechnet.
Rz. 26
Die Auslagen unterliegen dagegen nicht der Anrechnung und können daher immer in voller Höhe verlangt werden.
Soweit die nachfolgende Tätigkeit einen niedrigeren Gegenstandswert hat, erfolgt die Anrechnung der Beratungsgebühr nur in dieser reduzierten Höhe. Deshalb darf in solchen Fällen nicht vergessen werden, den verbleibenden Teil der Beratungsvergütung auch abzurechnen.
Rz. 27
Beispiel
Der Anwalt berät über Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfallgeschehen, wobei er nach § 34 Abs. 1 RVG mit seinem Mandanten die Abrechnung einer 1,0-Gebühr aus dem Wert der durch Gutachten belegten Schadenspositionen (20.000 EUR) vereinbart hat. Die Beratung kommt zu dem Ergebnis, dass aufgrund Mithaftung des Mandanten für den Unfall nur ein Teilbetrag von 10.000 EUR gegenüber dem gegnerischen Haftpflichtversicherer geltend gemacht werden soll (durchschnittliche Tätigkeit).
Auf die 1,3-Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG aus 10.000 EUR ist eine 1,0-Beratungsgebühr aus 10.000 EUR anzurechnen, denn nur insoweit besteht ein Zusammenhang der Beratung mit der Vertretung. Der darüber hinausgehende Teil der Beratungsvergütung ist von der Anrechnung ausgeschlossen.
I. Beratung (Wert: 20.000 EUR) |
1. 1,0-Beratungsgebühr gemäß Vereinbarung |
822,00 EUR |
2. Auslagenpauschale, VV 7002 |
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20,00 EUR |
Zwischensumme |
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842,00 EUR |
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3. Umsatzsteuer, VV 7008 |
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159,98 EUR |
Gesamt |
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1.001,98 EUR |
II. Vertretung (Wert: 10.000 EUR) |
1. 1,3-Geschäftsgebühr, VV 2300 |
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798,20 EUR |
2. Auslagepauschale, VV 7002 |
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20,00 EUR |
./. 1,0-Beratungsgebühr aus 10.000 EUR |
– 614,00 EUR |
Zwischensumme |
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204,20 EUR |
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3. Umsatzsteuer, VV 7008 |
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38,80 EUR |
Gesamt |
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243,00 EUR |
Rz. 28
Wie oben erwähnt, sieht § 34 Abs. 2 RVG ausdrücklich vor, dass in einer Gebührenvereinbarung die Anrechnung der Beratungsgebühr auf spätere Gebühren ausgeschlossen werden kann. Dieser Ausschluss der Anrechnung bedarf wegen § 3a Abs. 1 S. 4 RVG nicht zwingend der Form des § 3a Abs. 1 S. 1 und 2 RVG (Textform), wobei diese allerdings zur Beweisführung dringend zu empfehlen ist. Die Vergütungsvereinbarung ist dann beispielsweise um folgende Formulierung zu ergänzen: "Die Vergütung für die Beratung wird nicht auf eine Gebühr für eine sonstige, mit der Beratung zusammenhängende Tätigkeit angerechnet" (vgl. dazu § 6 Rdn 45 ff.).
Rz. 29
Hinweis
Der Anrechnungsausschluss ist schon deshalb zu empfehlen, weil dadurch das Problem umgangen wird, wie vereinbarte Stunden- oder Pauschalhonorare auf Geschäfts- oder Verfahrensgebühren bei unterschiedlichem Auftragsumfang anzurechnen sind.