Dr. Julia Bettina Onderka, Dr. Michael Pießkalla
Rz. 229
Daneben muss auch ein personeller Zusammenhang bestehen. Derselbe Rechtsanwalt oder dieselbe Sozietät muss gegenüber der gleichen Person tätig werden. An diesem personellen Zusammenhang fehlt es, wenn der Rechtsanwalt im Rahmen der Unfallschadensregulierung zunächst den Haftpflichtversicherer des Gegners zur Zahlung auffordert, dann aber lediglich den Gegner selbst verklagt. Hier richtet sich das Begehren gegen zwei verschiedene Personen, die beide aufgrund eines eigenen Anspruchs – der Schädiger aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG und der Versicherer aus § 115 Abs. 1 VVG – in Anspruch genommen werden können.
Rz. 230
Beispiel
Nach einem Unfall wendet sich der von F beauftragte Anwalt A zunächst an den gegnerischen Haftpflichtversicherer V. Dieser lehnt den Schadensersatzanspruch mit der Begründung ab, der Unfall sei durch ein überwiegendes Verschulden des F verursacht worden. Sodann erhebt A Klage nur gegen den Unfallgegner G.
In diesem Fall ist die durch die Tätigkeit gegenüber V verdiente Geschäftsgebühr nicht auf die Verfahrensgebühr im Klageverfahren gegen G anzurechnen.
Rz. 231
Anderes gilt jedoch, wenn der Geschädigte keinen Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers nach § 115 VVG hat, wie beispielsweise bei einer Berufshaftpflichtversicherung. In diesem Fall ist die Geschäftsgebühr für die außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen mit dem Versicherer auf die Gebühren des Klageverfahrens gegen den Schädiger anzurechnen.
Rz. 232
An dem erforderlichen personellen Zusammenhang fehlt es auch, wenn außergerichtlich ein anderer Anwalt tätig wurde als im gerichtlichen Verfahren. Bei einem solchen Anwaltswechsel hat daher die Anrechnung der Geschäftsgebühr zu unterbleiben. Sinn und Zweck von Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG ist es nämlich, die doppelte Honorierung einer (annähernd) gleichen Tätigkeit zu verhindern, wenn der Anwalt die Angelegenheit zunächst als außergerichtliche und später als gerichtliche betreibt und deshalb einen geringeren Einarbeitungs- und Vorbereitungsaufwand für den Rechtsstreit benötigt. Wird aber im Rechtsstreit ein Anwalt tätig, der außergerichtlich noch nicht mit der betreffenden Angelegenheit befasst war und daher auch keinen geringeren Einarbeitungsaufwand hat, so ist eine Anrechnung nicht gerechtfertigt.