Rz. 97
Kann einem Arbeitnehmer nachgewiesen werden, dass er im Internet strafbare Seiten aufgesucht hat, ist die Rechtsprechung eindeutig streng. Der Aufruf solcher Seiten rechtfertigt regelmäßig unmittelbar den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung. Eine vorherige Abmahnung ist nicht mehr erforderlich. Dies betrifft zunächst den Straftatbestand des § 184 StGB. Strafbar ist danach unter anderem die Verbreitung pornografischer Schriften und Darstellungen bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen, insbesondere, wenn pornografische Schriften Personen unter 18 Jahren angeboten, überlassen oder zugänglich gemacht werden (§ 184 Abs. 1 Nr. 1 StGB) oder wenn man diese an einen anderen gelangen lässt, ohne hierzu aufgefordert worden zu sein (Nr. 6). Wer einfache Pornografie ins Internet stellt, macht diese zudem im Sinne des § 184 Abs. 1 Nr. 2 StGB zugänglich. Es ist ausreichend, wenn Inhalte solcher Dateien an einem Computerbildschirm sichtbar gemacht und wahrgenommen werden können. Dies kann den Ausspruch einer fristlosen Kündigung rechtfertigen.
Rz. 98
Das Versenden von Dateien mit pornografischem Inhalt kann eine sexuelle Belästigung nach § 3 Abs. 4 AGG darstellen. Der Arbeitgeber ist in solchen Fällen verpflichtet, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um die Fortsetzung einer festgestellten Belästigung zu unterbinden. In Betracht kommen auch sämtliche arbeitsrechtlichen Sanktionen über eine Abmahnung, eine ordentliche Kündigung oder Änderungskündigung bis hin zu einer fristlosen Kündigung.
Rz. 99
Strafvorschriften existieren auch für die Verbreitung und Zugänglichmachung pornographischer Schriften, die Gewalttätigkeiten oder sexuelle Handlungen von Menschen mit Tieren zum Gegenstand haben, vgl. § 184a StGB. Die Vorschrift des § 184b StGB gilt für kinderpornographische Schriften. In all diesen Fällen handelt es sich um besonders schwerwiegende Pflichtverletzungen, die in der Regel zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung führen können. Die Verbreitung Gewalt verherrlichender und volksverhetzender Schriften wird von den Tatbeständen der §§ 130, 131 StGB erfasst.
Rz. 100
Ausdrücklich hinzuweisen ist allerdings darauf, dass die arbeitsrechtliche Bewertung nicht von der Erfüllung eines bestimmten Straftatbestandsmerkmals abhängt. Es mag sein, dass die Verwirklichung eines Straftatbestandes nicht bejaht wird, aber dennoch die fristlose Kündigung rechtswirksam ist. Das Arbeitsrecht stellt auf die unwiederbringliche Zerstörung des für das Arbeitsverhältnis wesentlichen Vertrauensverhältnisses ab. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass nach dem Bundesarbeitsgericht der Arbeitgeber durch das Aufrufen strafbarer Seiten einen erheblichen Imageverlust erleiden kann.
Rz. 101
Strafbare und sanktionierbare Pflichtverletzungen können auch in dem unbefugten Download urheberrechtlich geschützter Musik, Bild- und Videodateien liegen oder aber in der Verbreitung ehrverletzender, wahrheitswidriger oder beleidigender Behauptungen über den Arbeitgeber.