Rz. 41
Soweit der Arbeitgeber die private Nutzung von E-Mails untersagt, hat die Kontrolle den datenschutzrechtlichen Grundsätzen zu folgen. Hierbei ist eine Gesamtabwägung zwischen den Interessen des Arbeitgebers an einer Kontrolle der dienstlichen E-Mails und den Persönlichkeitsrechten des Arbeitnehmers vorzunehmen. Zu berücksichtigen ist insbesondere, dass die persönlichkeitsrechtliche Eigensphäre des Arbeitnehmers bei einer dienstlich veranlassten Tätigkeit weniger berührt ist als bei einer erlaubten Privatnutzung des Internet-Anschlusses oder des Zugangs zur E-Mail. Grundsätzlich gehen die Kontrollinteressen des Arbeitgebers dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen daher vor. Aus diesem Grund stehen dem Arbeitgeber bezogen auf die dienstlich veranlasste Nutzung des Internet-Anschlusses weitgehende Überwachungsbefugnisse zu. Der Arbeitgeber ist als Gläubiger der Arbeitsleistung berechtigt, sich im Rahmen der datenschutzrechtlichen Vorgaben umfassend Kenntnis darüber zu verschaffen, ob der Arbeitnehmer seine aufgrund des Arbeitsvertrages geschuldete Arbeitsleistung ordnungsgemäß erbringt. Hierzu kann der Arbeitgeber die konkreten Eckdaten des Datenverkehrs einsehen, z.B. auch den Inhalt einer E-Mail. Problematisch erscheint dagegen eine minutiöse und detaillierte Aufzeichnung des Nutzungsverhaltens des Arbeitnehmers über die gesamte Dauer seiner Arbeitszeit. Unproblematisch dagegen sind grundsätzlich anonyme Kontrollen. Eine solche anonyme Kontrolle ist gegeben, wenn Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse nicht mehr oder nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person zugeordnet werden können. Ergibt sich aufgrund einer solchen zulässigen anonymen Kontrolle ein Verdacht einer rechtswidrigen Nutzung, kann der Arbeitgeber gezielt weiter prüfen. In solchen Fällen überwiegt das berechtigte Interesse des Arbeitgebers gegenüber dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers. Ist die private Nutzung generell verboten, sind die Befugnisse des Arbeitgebers als besonders weitreichend anzusetzen, da in diesem Fall jede private Nutzung eine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers darstellt. Insoweit steht dem Arbeitnehmer kein schützenswertes Interesse zur Seite. Eine Berufung auf das Persönlichkeitsrecht wäre sogar rechtsmissbräuchlich.
Rz. 42
Ist die private Nutzung verboten, ist auch eine Inhaltskontrolle dienstlicher E-Mails zulässig, da eine E-Mail eher mit einer Postkarte als mit einem Telefonat zu vergleichen ist. Jede E-Mail muss zuerst schriftlich niedergelegt und anschließend durch ein erneutes Tätigwerden versandt werden. Wird eine automatische Rechtschreibüberprüfung eingeschaltet, so kommt eine weitere Zeitverzögerung hinzu, die die E-Mail ebenfalls vom Telefonat entfernt. Da eine E-Mail die Textformerfordernisse des § 126b BGB erfüllt, kann sie nicht dem flüchtig gesprochenen Wort gleichgesetzt werden. Die E-Mail ist als Sammlung geschriebener Worte eine Willenserklärung unter Abwesenden, da eine unmittelbare Kommunikation nicht stattfindet. Aufgrund der Vergleichbarkeit mit der herkömmlichen dienstlichen Post kann der Arbeitgeber daher die dienstlichen E-Mails einsehen oder sich ausdrucken lassen.
Rz. 43
In der Literatur wurde die Auffassung vertreten, die Kontrollbefugnis des Arbeitgebers bei Verbot der privaten Nutzung hänge von dem Aufbau der E-Mail-Adresse ab. Diese Auffassung ging davon aus, dass allgemeine Firmenadressen oder Abteilungsadressen (Info@X-AG.de, Vertriebsabteilung@X-AG.de) automatisch als Empfangsstellen betrieblicher E-Mails zu qualifizieren und der Arbeitgeber deshalb berechtigt sei, diese zu öffnen und zu lesen. Dieses Kontrollrecht solle der Arbeitgeber danach aber nicht bei E-Mails haben, die an einen Account gerichtet würden, der den Namen des Mitarbeiters enthalte (z.B. Karl.Müller@X-AG.de).
Rz. 44
Dieser Auffassung kann allerdings nicht gefolgt werden. Auch hinsichtlich einer persönlichen dienstlichen E-Mail-Adresse hat der Arbeitgeber die volle Kontrollbefugnis. Es handelt sich bei einer solchen Adresse nicht um eine rein persönliche Adresse, sondern weiterhin um eine dienstliche E-Mail-Adresse, die direkt zu einem bestimmten Account der Mitarbeiter weitergeleitet wird. Hier ist ein direkter Vergleich mit der normalen Briefpost möglich. Ist ein Brief nicht als "persönlich/vertraulich" gekennzeichnet, darf der Arbeitgeber die Post uneingeschränkt öffnen. Deshalb muss Gleiches auch im E-Mail-Verkehr gelten. Etwas anderes gilt nur, wenn der Absender die E-Mail als "persönlich/vertraulich" gekennzeichnet bzw. verschlüsselt hat oder der Inhalt der E-Mail aus anderen Gründen erkennbar privat ist.
Rz. 45
Dem hat sich auch das BAG in einer neueren Entscheidung angeschlossen. Hiernach soll der Arbeitgeber jedenfalls dann auf dienstliche E-Mails zugreifen können, wenn dies offen und unter Zugrundelegung der Gründe erfolgt und dem Arbeitnehmer die Möglichkeit geg...