Rz. 21
Die GbR kann in zwei systembildenden Erscheinungsformen (Rechtsformvarianten) auftreten, nämlich als
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Innengesellschaft (Gesellschaft, die sich auf die Regelung des Innenverhältnisses ihrer Mitglieder beschränkt) oder als |
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Außengesellschaft (die selbst nach außen in Erscheinung tritt). |
Der Gesetzgeber bildet dies nunmehr im Gesetz ab und erkennt dabei auch die Rechtsfähigkeit der GbR – als eigenes verkehrstaugliches Rechtssubjekt (mit klarer Vermögenszuordnung) – ausdrücklich i.S.e. Konsolidierung des GbR-Rechts an. Dazu gibt er – gestützt auf fünf Erwägungen – "einen auf die jeweilige Rechtsformvariante abgestimmten Organisationsrahmen und einen dispositiven Regelungsrahmen vor".
1. Ausdifferenzierung der GbR in zwei Rechtsformvarianten
Rz. 22
Es bestehen zwei – sich gegenseitig ausschließende – Rechtsformvarianten der GbR:
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die rechtsfähige GbR und |
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die nicht rechtsfähige GbR. |
Die eine Rechtsform GbR in zwei Varianten verschafft Gesellschaftern die Möglichkeit
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einer Teilnahme am Rechtsverkehr namens der GbR (rechtsfähige GbR, was den gemeinsamen Willen der Gesellschafter zur Teilnahme am Rechtsverkehr voraussetzt, vgl. § 705 Abs. 2 Hs. 1 BGB) oder (in Abgrenzung hierzu) |
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eine bloße Ausgestaltung ihres Rechtsverhältnisses untereinander (nicht rechtsfähige GbR, vgl. § 705 Abs. 2 Hs. 2 BGB). |
Rz. 23
Rechtsfähiger wie nicht rechtsfähiger GbR ist gemein, dass es sich nach § 705 Abs. 1 BGB um einen Zusammenschluss mehrerer Gesellschafter durch Gesellschaftsvertrag zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks handelt.
Rz. 24
Jede GbR ist – "jedenfalls auch" – vertragliches Schuldverhältnis und kann von den Gesellschaftern zu jedem erlaubten Zweck gegründet werden, was zugleich der Abgrenzung der rechtsfähigen GbR von der juristischen Person dient.
Rz. 25
Die Differenzierung zwischen rechtsfähiger und nicht rechtsfähiger GbR spiegelt sich in der Gliederung des "Titels 16 – Gesellschaft") in drei Untertitel (mit einem Regelungsschwerpunkt bei der rechtsfähigen GbR) wider:
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Untertitel 1 – Allgemeine Bestimmungen (für rechtsfähige wie nicht rechtsfähige GbR) |
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Untertitel 2 – Rechtsfähige Gesellschaft |
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Untertitel 3 – Nicht rechtsfähige Gesellschaft |
Rz. 26
Die rechtsfähige GbR ist selbst Trägerin des Vermögens (vgl. § 713 BGB – Existenz eines Gesellschaftsvermögens) und nicht mehr – wie vormals – die Gesellschafter in gesamthänderischer Verbundenheit.
Die nicht rechtsfähige Gesellschaft hat nach § 740 Abs. 1 BGB kein Vermögen. Dies schließt auch ein gesamthänderisch gebundenes Vermögen der Gesellschafter aus.
2. Rechtsfähigkeit der GbR und komplementäre persönliche Haftung ihrer Gesellschafter
Rz. 27
Mit der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR als Trägerin von Pflichten aus vertraglichen wie gesetzlichen Schuldverhältnissen (vgl. § 713 BGB) korrespondiert – mangels gesetzlicher Vorgaben zur Kapitalausstattung und -erhaltung (jedenfalls im gesetzlichen Regelfall) – die unbeschränkte gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter mit ihrem gesamten Privatvermögen für die Gesellschaftsverbindlichkeiten nach
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§ 721 BGB (persönliche Haftung der Gesellschafter), |
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§ 721a BGB (Haftung des eintretenden Gesellschafters) und |
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§ 721b BGB (Einwendungen und Einreden des Gesellschafters) |
im Interesse aller Beteiligter an einem nachhaltigen Wirtschaften (Schutz der Gesellschaftsgläubiger vor einem Haftungsausfall der GbR, Lenkung der Gesellschafter bei Eingehung von Gesellschaftsrisiken und Erhöhung der Kreditwürdigkeit der GbR) entsprechend dem (auch bisher schon geltenden) Haftungsregime der OHG.
Beachte:
Da im Ausnahmefall die unbeschränkte persönliche Haftung die Gesellschafter auch zu einer Überforderung führen kann, hat der Gesetzgeber das Haftungsregime nicht als abschließende Regelung konzipiert. Institutionelle Haftungsbeschränkungen, bspw. im Wege
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der stillschweigenden Vereinbarung, |
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der ergänzenden Vertragsauslegung oder |
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der Analogie zu den §§ 171 ff. HGB bzw. zu § 54 BGB, |
sollen grundsätzlich zulässig sein oder bleiben.
3. Bewahrung der Vielseitigkeit und Flexibilität der GbR
Rz. 28
Die GbR kann weiterhin zu jedem erlaubten Zweck – sofern dieser nicht auf den Betrieb eines Handelsgewerbes i.S.v. § 105 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 HGB ge...