Rz. 385

Neben allgemeinen Fragen zur Kontentrennung und Kontenverfügung, zu Konsumentenkrediten und beruflich veranlassten Darlehen bzw. Kontokorrentkrediten umfasst die anwaltliche Beratung in Familiensachen häufig auch Fragen zu Immobilien bzw. Immobiliendarlehen des Mandanten und seines Ehegatten oder Lebenspartners.

 

Rz. 386

Häufig geht es darum, dass eine der Parteien die Immobilie zu Alleineigentum übernehmen will und der andere aus dem Darlehensvertrag mit der finanzierenden Bank entlassen werden möchte. Es versteht sich von selbst, dass hier möglichst umgehend eine Einigung durch Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung herbeigeführt werden muss, um beispielsweise das möglicherweise später durch den anderen Ehegatten betriebene Teilungsversteigerungsverfahren oder gar eine Kündigung aufgrund Zahlungsverzuges durch die finanzierende Bank zu vermeiden.

Ein Teilungsversteigerungsverfahren[281] ist wirtschaftlich gesehen allerdings nur bei geringer und aus liquiden Mitteln bedienbarer Restverschuldung überhaupt denkbar, da die Bank spätestens bei Zahlungsverzug von ihrem Sonderkündigungsrecht gemäß ihren Hypothekendarlehensbedingungen Gebrauch machen und selbst ein eigenständiges Zwangsversteigerungsverfahren betreiben wird, da sie beim Teilungsversteigerungsverfahren nicht gem. § 27 ZVG beitreten kann.[282] Im Ergebnis dient der ganze Erlös dann nur der Befriedigung der Bank und der die Zwangsversteigerung betreibende Ehegatte geht leer aus. Auch sonst birgt das Teilungsversteigerungsverfahren zahlreiche unerfreuliche Probleme und dieses gilt erst Recht bei eingetragenen Vorlasten der finanzierenden Bank, auf die weiter unten eingegangen wird.

 

Rz. 387

Je nachdem, ob es sich um eigengenutztes Grundeigentum oder um eine zu Vermietungszwecken[283] gehaltene Immobilie handelt, entstehen unterschiedliche Anforderungen an die einkommensbezogene Liquidität des übernehmenden Teils, denn bei einer vermieteten Immobilie tragen in der Regel die Mieteinnahmen zumindest weitgehend die Zins- und Tilgungsraten. Bei der eigengenutzten Immobilie sind die Annuitäten, also die gleichbleibenden monatlichen oder vierteljährlichen Zahlungen für Zins und Tilgung[284] aus dem verbleibenden Einkommen ebenso zu tragen, wie zusätzlich die Wohngelder[285] bei einer Eigentumswohnung bzw. die Bewirtschaftungskosten bei einem Einfamilienhaus, welche derzeit bei eigengenutzten Objekten mit etwa 3 EUR je m2 durchaus realistisch von den Banken veranschlagt werden.

 

Rz. 388

Häufig weichen die subjektiven Wertvorstellungen der Parteien hinsichtlich der Immobilie erheblich von dem durch die Bank festgestellten Marktwert ab, was dazu führen kann, dass der möglicherweise aus Banksicht zu geringe Objektwert eine Schuldhaftentlassung des anderen Ehepartners nicht zulässt.

 

Rz. 389

Auch deshalb sind Kenntnisse über die Herangehensweise der finanzierenden Bank für den anwaltlichen Berater unverzichtbar. Gleiches gilt selbstverständlich auch für die Bonitätsfeststellung und die Liquiditätsberechnung. Dem beratenden Rechtsanwalt sollte beispielsweise klar sein, dass eine negative Schufa und bei Selbstständigen eine Wirtschaftsauskunft mit schwachem Bonitätsindex fast immer ein Ausschlusskriterium für eine neue Finanzierung ist und diesen Umstand dem Mandanten auch klar machen.

 

Rz. 390

Bei der Übernahme einer bestehenden und auf beide Ehepartner abgestellten Finanzierung durch den das Objekt zu Alleineigentum übernehmenden Ehepartner verringert sich in vielen Fällen die Haftungsgrundlage der Bank nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich. Unterhaltszahlungen, Ablösungen sonstiger ehebedingter Verbindlichkeiten, trennungsbedingte Zusatzausgaben vermindern den Einkommens- und Vermögensstatus und erfordern eine neue Kreditprüfung.

[281] Vor Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft ist ohnehin § 1365 BGB zu beachten, hierzu näher FA-FamR/v.Heintschel-Heinegg, 8. Aufl. 2011, Kap. 19 Rn 30.
[282] Stöber, ZVG, 19. Aufl. 2009, Rn 8.6 und 14.2 zu § 180.
[283] Bei gemeinsamen Immobilien zu Vermietungszwecken sollte immer auch an eine Ehegatteninnengesellschaft gedacht werden.
[284] Grill/Perczynski, Wirtschaftslehre des Kreditwesens, 47. Aufl. 2013, 420.
[285] (Meist monatliche) Betriebskosten- und Rücklagenbeiträge der Eigentümer an die Wohnungseigentümergemeinschaft (§ 28 Abs. 2 WEG).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?