1. Verschulden
Rz. 2
Grundlage für die Haftung aus Verschulden bildet § 823 BGB. Voraussetzung für den Schadensersatzanspruch ist demnach ein Verschulden des Unfallgegners. Dabei führen zwei Formen des Verschuldens zur Haftung: Vorsatz oder Fahrlässigkeit. Im Verkehrsrecht spielen vorsätzlich herbeigeführte Unfälle eine untergeordnete Rolle, wenn auch Unfälle z.B. nach dem so genannten Berliner Modell zunehmen. Ein weiteres Indiz für einen fingierten Unfall ist es zum Beispiel, wenn die Unfallparteien bereits vor dem Unfall bekannt/befreundet waren, dies aber im Prozess bestreiten. Auch die Tatsache, dass beide Parteien eines Unfalls bereits zuvor in mehrere Verkehrsunfälle verwickelt waren, es sich bei dem Schaden um einen lukrativen Streifschaden fast über die gesamte Fahrzeuglänge handelt, ein ungewöhnlicher Fahrfehler (Übersehen eines Wohnmobils des Gegenverkehrs beim Überholen mehrerer Fahrzeuge auf gerader Strecke) behauptet wird und sich die Parteien "vom Sehen her" kennen. Die folgenden Ausführungen beschränken sich deshalb auf die fahrlässig verursachten Verkehrsunfälle. Nach § 276 Abs. 2 BGB handelt dabei derjenige fahrlässig, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
Jeder Verkehrsteilnehmer, der sich nicht an die Vorschriften der StVO hält, der also z.B. falsch überholt oder die Straße als Fußgänger nicht am Zebrastreifen überquert oder aber ohne auf den übrigen Verkehr zu achten mit dem Fahrrad die Straße kreuzt, handelt folglich fahrlässig, wenn es zum Unfall kommt. Grobe Fahrlässigkeit ist für die Haftung nicht erforderlich. Schon ein leichter Fehler genügt, um Fahrlässigkeit und damit eine Haftung zu begründen.
2. Mitverschulden
Rz. 3
Anders ist die Situation, wenn mehr als einer der Beteiligten den Unfall verschuldet hat. Haben sich beide Verkehrsteilnehmer z.B. ordnungswidrig verhalten, weil der eine mit zu hoher Geschwindigkeit unterwegs war und der andere seine Wartepflicht verletzt hat, so sieht der Gesetzgeber in § 254 BGB, § 9 StVG und § 17 Abs. 1 StVG eine Haftungsteilung vor. Überquert z.B. ein zwölfjähriger Junge, dem die Gefahren des Verkehrs durchaus bewusst sind, die Straße unachtsam, ohne auf herannahende Kraftfahrzeug zu achten, trifft ihn ein Mitverschulden von 50 %. Diese Abwägung kann sogar dazu führen, dass das Fehlverhalten eines Verkehrsteilnehmers als so gravierend angesehen wird, dass sich der Haftungsanteil des anderen Beteiligten auf Null reduziert. Einem elfjährigen Kind kann allerdings kein Mitverschuldensvorwurf gemacht werden, wenn es beim Überqueren einer Straße zusammen mit einer bereits auf der Fahrbahn befindlichen Kindergruppe als letztes Kind von einem Fahrzeug erfasst wird, dessen Fahrer die Kinder wahrgenommen hat und den Unfall hätte verhindern können.
3. Besonderheiten
a) Schmerzensgeldforderungen
Rz. 4
Neben dem Anspruch auf Schmerzensgeld bei außervertraglicher Verschuldenshaftung findet die Erweiterung auf Haftungssysteme statt, die kein Verschulden voraussetzen. So kann Schmerzensgeld z.B. auch bei Haftungsfällen unabhängig vom Verschulden, also in Fällen der Gefährdungshaftung, geltend gemacht werden. Zudem besteht auch die Möglichkeit, bei vertraglichen Haftungsfällen Schmerzensgeld zu fordern (§ 253 BGB).
Hinweis
Auch bei Fällen, in denen kein Verschulden des Führers des Kraftfahrzeugs erkennbar ist, muss zumindest geprüft werden, ob nicht dennoch ein Anspruch auf Schmerzensgeld besteht. Grundlage hierfür bietet § 253 BGB, der den Schmerzensgeldanspruch auch außerhalb der Verschuldenshaftung zulässt, also auch in Fällen der Gefährdung...