Sabine Jungbauer, Dipl.-Ing. Werner Jungbauer
Rz. 52
Da Syndikusanwälte ebenfalls nach § 1 S. 2 Nr. 1, 2 u. 3 RAVPV in das elektronische Gesamtverzeichnis aufzunehmen sind, ist auch für diese ein beA einzurichten. Die beA der Syndikusrechtsanwälte wurden zum 27.11.2017 freigeschaltet, nachdem Ende November 2017 eine Aufnahme der Syndikusrechtsanwälte in das bundesweite amtliche Anwaltsverzeichnis erfolgt ist. Syndikusrechtsanwälte, die zusätzlich auch als niedergelassene Rechtsanwälte oder für mehrere Arbeitgeber tätig sind, werden jeweils gesondert eingetragen und erhalten demzufolge auch mehrere beA (vgl. dazu auch § 46c Abs. 5 BRAO).
Rz. 53
Seit 1.1.2018 hat die BRAK "für jede im Gesamtverzeichnis eingetragene weitere Kanzlei eines Mitglieds einer Rechtsanwaltskammer ein weiteres besonderes elektronisches Anwaltspostfach einzurichten“, vgl. Näheres auch in § 31a Abs. 7 BRAO. Seit dem 18.5.2017 ist in § 27 Abs. 2 BRAO die Möglichkeit zur Errichtung einer weiteren Kanzlei vorgesehen. Dabei ist eine weitere Kanzlei nicht mit einer Sozietät an einem anderen Standort zu verwechseln. Im Gegensatz zu einer Zweigstelle ist die weitere Kanzlei selbstständig und nicht an eine Hauptstelle angegliedert. So muss bereits aus Verschwiegenheitsgründen gewährleistet sein, dass ein Anwalt Posteingänge, die er z.B. als angestellter Anwalt in einer Kanzlei erhält, nicht mit Post vermischt wird, die er für seine eigene Kanzlei empfängt; vor allem, wenn er anderen Personen (Mitarbeitern, Kollegen) Zugangsberechtigungen zu seinem beA erteilt."
Rz. 54
Beispiel
RAin Frisch arbeitet an drei Tagen in der Woche in der Kanzlei Schmitz u. Huber GbR (keine zugelassene Berufsausübungsgesellschaft gem. § 59f BRAO) als angestellte Anwältin. Hier hat sie die Mitarbeiterin Anna Sorglos berechtigt, die Eingangspost in ihrem beA zu bearbeiten. Daneben unterhält sie ihre eigene Kanzlei, die sie parallel aufbauen möchte. Aus Gründen der Verschwiegenheit ist es erforderlich, dass RAin Frisch die für sie zuständige Rechtsanwaltskammer darüber unterrichtet, dass sie eine weitere Kanzlei unterhält. Die entsprechende Eintragung wird im Gesamtverzeichnis vorgenommen, somit kann RAin Frisch zwei beA erhalten und die entsprechenden Posteingänge strikt trennen. RAin Frisch erhält für jedes beA eine gesonderte beA-Karte Basis, die sie bestellen muss, da die beiden beAs über eigene SAFE-IDs verfügen und die Erstregistrierung an dem jeweiligen beA nur mit der diesem beA zugehörigen beA-Karte Basis erfolgen kann. RAin Frisch selbst kann sich (aus praktischen Gründen) nach erfolgter Erstregistrierung an beiden beAs auf eine Karte auch für das zweite beA berechtigen. Dadurch benötigt sie dann im Kanzleialltag nur eine beA-Karte Basis, um beide Postfächer einsehen/bedienen zu können. Allerdings funktioniert der Versand mit der beA-Karte nur aus demjenigen Postfach ohne qualifizierte elektronische Signatur, das dieser beA-Karte Basis ursprünglich zugeordnet ist, versenden (beispielhaft: beA 1 zu beA-Karte Basis 1). Mit dieser Karte ist sie in ihrem weiteren beA (z.B. beA 2) "fremd". D. h. bei Versendung aus dem weiteren beA (beA 2) unter Verwendung der beA-Karte Basis 1 muss sie qualifiziert elektronisch signieren. Denn es wird in beA 2 mit beA-Karte Basis 1 kein VHN erzeugt (vertrauenswürdiger Herkunftsnachweis), siehe zu dieser Thematik auch § 2 Rdn 97 ff. Anders wäre die Lage, wenn RAin Frisch in einem Gesellschaftspostfach die Rolle einer "VHN-Berechtigten" hätte. Dann könnte sie aus einem solchen Gesellschaftspostfach auch mit VHN ohne qualifizierte elektronische Signatur wirksam Schriftsätze einreiche, siehe dazu auch § 2 Rdn 15, zu den technischen Problemen im Gesellschafts-beA jedoch § 2 Rdn 36 in diesem Werk.
Rz. 55
Die Errichtung oder Aufgabe einer weiteren Kanzlei oder einer Zweigstelle im Bezirk einer anderen Rechtsanwaltskammer ist auch dieser Rechtsanwaltskammer anzuzeigen, § 27 Abs. 2 S. 2 BRAO. Die weiteren Pflichten, die gem. § 5 BORA für eine Zweigstelle gelten, gelten auch für eine weitere Kanzlei. Danach ist der Rechtsanwalt verpflichtet, die für seine Berufsausübung erforderlichen sachlichen, personellen und organisatorischen Voraussetzungen in Kanzlei und Zweigstelle vorzuhalten. Hinzu kommt, dass die weitere Kanzlei namentlich so deutlich unterscheidbar sein muss, dass insbesondere Mandanten diese nicht verwechseln.
Rz. 56
Die Eintragung eines weiteren beAs bei weiterer Kanzlei führt natürlich auch dazu, dass die Kosten steigen. Da jedes beA über eine eigene SAFE-ID verfügt, wird auch eine gesonderte Anwaltskarte zum weiteren beA benötigt (beA-Karte Basis oder beA-Signaturpaket, vgl. § 5 Rdn 10 und 13).