Rz. 222

Zitat

"Diejenigen Ausreden, in denen gesagt wird, warum die Aktiengesellschaft keine Steuern bezahlen kann, werden in einer so genannten Bilanz zusammengestellt." (Kurt Tucholsky)

Der Begriff des Betriebsvermögens ist gesetzlich nicht definiert. Zum Betriebsvermögen gehören im Einkommensteuerrecht Wirtschaftsgüter, die nach ihrer Art und nach ihrer Funktion in einem betrieblichen Zusammenhang stehen. Die Festlegung des Betriebsvermögens dient der Ermittlung des zu versteuernden Gewinns. Fehlt ein betrieblicher Zusammenhang, werden die Wirtschaftsgüter dem Privatvermögen zugerechnet.

Beim Reinvermögen nach handelt es sich um den Unterschiedsbetrag zwischen dem Bruttovermögen und den Schulden des Betriebs.[138] Das Reinvermögen (auch Nettovermögen) entspricht dem Eigenkapital, welches die Residualgröße in der Bilanz darstellt. Zum Reinvermögen – und Eigenkapital – werden alle Gewinnanteile hinzugerechnet, auf deren Ausschüttung die Gesellschafter endgültig verzichtet haben. Nicht zum Eigenkapital und Reinvermögen gehören die aus Gewinnen gebildeten Rückstellungen. Diese vermindern das Reinvermögen, weil sie zu den Verbindlichkeiten gerechnet werden.[139]

 

Beispiel

Folgende Wirtschaftsgüter werden am Ende des Wirtschaftsjahres durch Inventar und Inventur ausgewiesen:

 
Vermögen    
Betriebs- und Geschäftsausstattung 50.000 EUR  
Waren 30.000 EUR  
Forderungen aus L+L 20.000 EUR  
Kassenbestand 10.000 EUR 110.000 EUR
– Schulden    
Verbindlichkeiten aus L+L 30.000 EUR  
Bankverbindlichkeiten 20.000 EUR – 50.000 EUR
= positives Betriebsvermögen   60.000 EUR

Lösung

Der Betrieb verfügt über ein Reinvermögen in Höhe von 60.000 EUR.

 

Rz. 223

Wenn die Schulden das Vermögen übersteigen, spricht man auch von einem negativen Betriebsvermögen.

 

Beispiel

 
Vermögen 300.000 EUR
– Verbindlichkeiten – 400.000 EUR
= negatives Betriebsvermögen – 100.000 EUR

Lösung

Der Betrieb hat Verbindlichkeiten in Höhe von 100.000 EUR.

 

Rz. 224

▪ Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG

Der Gewinnbegriff nach § 4 Abs. 1 S. 1 EStG definiert sich durch den Vergleich des Betriebsvermögens am Schluss des Wirtschaftsjahres mit dem am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres.

 

Beispiel

 
Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres per 31.12.2016 100.000 EUR
– Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres per 31.12.2015 – 50.000 EUR
Gewinn + 50.000 EUR
 

Rz. 225

Ist das Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres niedriger als am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, so ist der Unterschiedsbetrag negativ. Dieser Unterschiedsbetrag ist noch um die Entnahmen und Einlagen zu bereinigen, um das Jahresergebnis zu ermitteln (siehe folgendes Beispiel).

 

Rz. 226

▪ Entnahmen

Bei den Entnahmen, d.h. bei den Privatentnahmen, handelt es sich um alle Wirtschaftsgüter, die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt und für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat (siehe im Einzelnen Rdn 409 ff.).

 

Rz. 227

▪ Einlagen

Im Gegensatz hierzu handelt es sich um Einlagen, d.h. Privateinlagen, wenn der Steuerpflichtige im Laufe des Wirtschaftsjahres aus seinem Privatvermögen dem Betrieb Wirtschaftsgüter, wie z.B. Bargeld zugeführt hat (§ 4 Abs. 1 S. 2, S. 5 EStG; siehe im Einzelnen Rdn 409 ff.).

Da der steuerliche Gewinn nur die Vermögensänderung im betrieblichen Bereich erfassen kann, müssen folgerichtig Vermögenserhöhungen, die aus Einlagen resultieren, gekürzt und andererseits Vermögensminderungen, die durch Entnahmen entstanden sind, wieder hinzugerechnet werden.

 

Beispiel

Das Betriebsvermögen eines Gewerbetreibenden beträgt nach der Bilanz zum 31.12.2016 100.000 EUR und nach der Bilanz zum 31.12.2015 50.000 EUR.

Im Jahr 2016 hat der Steuerpflichtige für 20.000 EUR Waren entnommen und von seinem privaten Sparkonto 40.000 EUR abgehoben und damit Verbindlichkeiten des Betriebes beglichen.

Lösung

Der Gewinn für 2016 errechnet sich wie folgt:

 
Betriebsvermögen am Schluss des WJ 2016 100.000 EUR
– Betriebsvermögen am Schluss des WJ 2015 – 50.000 EUR
= Unterschiedsbetrag + 50.000 EUR
+ Entnahmen 2016 + 20.000 EUR
– Einlagen 2016 – 40.000 EUR
= Gewinn aus Gewerbebetrieb 2016 30.000 EUR
[139] Lück/Bieg, Lexikon der BWL, 1986, S. 957.

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