Bernd Kuckenburg, Renate Perleberg-Kölbel
Rz. 147
In HGB und AO finden sich Generalnormen, die Vorschriften zur Rechnungslegung liefern und die die vom Gesetzgeber verfolgten Zwecke deutlich machen. Das HGB stellt Buchführung und Jahresabschluss unter folgende Generalnormen:
Für Einzelkaufleute, Personenhandelsgesellschaften und Kapitalgesellschaften ("alle Kaufleute") gilt:
§ 238 Abs. 1 S. 1 HGB/Generalnorm für die Buchführung (Parallelvorschrift in § 140 AO):
"Jeder Kaufmann ist verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung ersichtlich zu machen."
§ 243 Abs. 1 HGB/§ 141Abs. 1, 2 AO/Generalnorm für den Jahresabschluss
"Der Jahresabschluss ist nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung aufzustellen."
§ 264 Abs. 2 S. 1 und 2 HGB/Generalnorm für den Jahresabschluss für Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften mit Haftungsbeschränkung
"Der Jahresabschluss der Kapitalgesellschaft hat unter Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln.
Führen besondere Umstände dazu, dass der Jahresabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild i.S.d. S. 1 nicht vermittelt, so sind im Anhang zusätzliche Angaben zu machen.“
Ergänzt wird dies noch durch die Formvorschrift des § 243 Abs. 2 HGB, wonach der Jahresabschluss klar und übersichtlich sein muss (GOB = Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung).
Diese gesetzlichen Normen verlangen nach den Vorschriften des HGB und der AO also eine besondere Form der Dokumentation, die speziellen Regeln folgt und die sich von den anderen Einkunftsarten, insbesondere den Überschusseinkunftsarten, ganz wesentlich unterscheidet.
Rz. 148
Hinweis
Das Rechnungswesen stellt Parteivortrag dar, da es von der buchführungspflichtigen Verfahrenspartei eigenständig oder mithilfe eines Erfüllungsgehilfen erstellt wird.
Der insoweit häufig zu findende "Beweisantrag", Zeugnis: Steuerberater, stellt dabei eine Wiederholung des Parteivortrages dar.
Rz. 149
Der Familienrechtler muss sich mit Normen zur Regelung der Buchführungspflicht (und damit der AO und des HGB) und dem Steuerrecht sowie dem Bilanzsteuerrecht befassen, wenn die relevanten Einkunftsarten betroffen sind.
Hinweis
Bei den Normen des Steuerrechts und des Handelsrechts handelt es sich um anzuwendendes Recht, dass der Rechtsanwalt zur Vermeidung von Haftungsfehlern zu kennen und ordnungsgemäß anzuwenden hat. Dass diese Teilrechtsgebiete für Familienrechtler eine "schwer verdauliche Kost" darstellen, entlastet nicht.
Dabei haben Gericht und anwaltlicher Berater zunächst mit einem betrieblichen Rechnungswesen zu tun, das die Geschäftsvorfälle erfasst, speichert und betriebswirtschaftlich relevante Informationen über realisierte oder geplante Geschäftsvorfälle und -ergebnisse liefert. Die Kodifizierung der Buchführungspflicht nach § 238 Abs. 1 HGB bzw. §§ 140 ff. AO verdeutlicht, dass es dem Gesetzgeber um eine übersichtliche, vollständige und für Dritte nachvollziehbare Aufzeichnung der Geschäftsvorfälle geht, damit im Rahmen des Jahresabschlusses eine zusammenhängende Auskunft über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens möglich wird. Diesen grundlegenden Zweck der Buchführung subsumieren wir unter den Begriff der Dokumentation.
Rz. 150
Neben dem oben genannten nach Handelsrecht verpflichteten Personenkreis regelt das Steuerrecht (mit Größenklassen), wer zur Buchführung verpflichtet ist in § 141 Abs. 1 AO:
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Umsätze, einschließlich der steuerfreien Umsätze, von mehr als 500.000 EUR und 600.000 EUR ab 1.1.2016 im Kalenderjahr (nach Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, BilMoG, und Bilanzrichtlinien-Umsetzungsgesetz, BilRUG) |
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selbst bewirtschaftete land- und forstwirtschaftliche Flächen mit einem Wirtschaftswert i.S.d. § 46 Bewertungsgesetz von mehr als 25.000 EUR oder |
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ein Gewinn aus Gewerbebetrieb von mehr als 50.000 EUR, ab 1.1.2016 60.000 EUR, im Wirtschaftsjahr oder |
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ein Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft von mehr als 50.000 EUR, ab 1.1.2016 60.000 EUR, im Kalenderjahr |
Rz. 151
Rz. 152
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Weitere originäre Aufzeichnungspflichten: |
Aufzeichnung des Wareneingangs (§ 143 AO),
Aufzeichnung des Warenausgangs (§ 144 AO),
Aufzeichnung bestimmter Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 5 und 7 EStG),
Aufzeichnung geringwertiger Anlagegüter, GWG (§ 6 Abs. 2 EStG), umsatzsteuerliche Aufzeichnungspflichten (§ 22 UStG.
Rz. 153
Hinweis
Wichtig für den unterhaltsrechtlichen Auskunfts- und Beleganspruch:
Neben der allgemeinen Buchführungspflicht ergibt sich aus Gesetzen und Verordnungen noch eine Vielzahl von Aufzeichnungspflichten für bestimmte Berufsgruppen. Verstöße gegen diese außersteuerlichen Buchführung- und Aufzeichnungspflichten stehen den Verstößen gegen steuerliche Buchführung- und Aufzeichnungspflichten gleich und können nach § 162 Abs. 2 AO (Schätzung) und § 379 Abs. 1 AO (Verfolgung ...