Bernd Kuckenburg, Renate Perleberg-Kölbel
Rz. 159
Wer verpflichtet ist, Bücher zu führen, oder dieses freiwillig tut, unterliegt besonderen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten gegenüber den Finanzbehörden (§§ 90 ff., 93, 97 ff. AO).
Bei der Buchführung muss es sich um eine gesonderte Aufstellung und Dokumentation der Geschäftsvorfälle handeln, die sich aus Geschäftsbüchern, Belegen bzw. Datenträgern ergibt.
Rz. 160
Bei Vollkaufleuten und "bestimmten anderen Gewerbetreibenden" gelten außerdem die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung und handelsrechtliche Bilanzierungsvorschriften. Hier regelt § 5 EStG Einzelheiten der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich unter Berücksichtigung der Grundsätze Ordnungsgemäßer Buchführung (GOB).
Gemäߧ § 238 bis 245 HGB, § 5 EStG sind die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung zu beachten:
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jeder Geschäftsvorfall muss erfasst werden, |
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jeder Geschäftsvorfall muss sachlich richtig aufgezeichnet werden, |
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die Geschäftsvorfälle müssen zeitgerecht in Grundaufzeichnungen dokumentiert werden, |
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die Geschäftsvorfälle müssen durchgängig in der vorgesehenen Ordnung festgehalten werden, |
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Änderungen von Buchungen müssen so vorgenommen werden, dass die Ursprungsbuchung erkennbar bleibt. EDV-Systeme dürfen nicht zulassen, dass eine ursprüngliche Buchung gelöscht wird. Eine Korrektur muss nur aufgrund einer Änderungsbuchung zu erfolgen, |
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alle Bücher und sonstigen Unterlagen einschließlich der Belege sind geordnet und zugänglich während bestimmter Zeiträume aufzubewahren (§§ 146, 147 AO). |
Rz. 161
Rechtsfolgen der Verletzung von Buchführungspflichten:
Bei schweren Verstößen gegen diese Grundsätze kann die Buchführung verworfen werden und der Gewinn ganz oder teilweise nach § 287 ZPO bzw. § 162 AO geschätzt werden (siehe "Gewinnschätzung", Rdn 1065 ff.).
Kriterium sind dabei der § 238 Abs. 1 S. 2 HGB und der § 145 AO, wonach es einem sachverständigen Dritten in kürzester Zeit möglich sein muss, sich durch das Rechnungswesen einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und die Lage des Unternehmens zu verschaffen. Ist das nicht möglich, kann zugeschätzt werden.
Es wird zwischen einfacher und doppelter Buchführung unterschieden. Die kameralistische Buchführung, die auf die Verrechnung von im Haushaltsplan vorgeschriebenen Einnahmen und Ausgaben mit den tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben abstellt, wird auch in der öffentlichen Verwaltung nicht mehr zur Anwendung gebracht.
a) Einfache Buchführung
Rz. 162
Die einfache Buchführung ist dadurch gekennzeichnet, dass die einzelnen Geschäftsvorfälle lediglich mit einer Buchung, d.h. ohne Gegenbuchung erfasst werden. In einer Grundaufzeichnung (heute meist Excel-Tabelle) werden die Geschäftsvorfälle in zeitlicher Reihenfolge meist differenziert nach Ertrag- und Aufwandverbuchungen aufgezeichnet. Ein Kassenbuch dient der Dokumentation der Barvorgänge. Die einfache Buchführung ist in der Praxis lediglich für Gewerbetreibende i.S.d. § 15 EStG mit geringem Geschäftsumfang (Handwerkerbuchhaltung/Größenklassen siehe oben) und Selbstständigen i.S.d. § 18 EStG von Bedeutung, da die Aussagekraft und Kontrollmöglichkeiten über die geschäftlichen Vorgänge in einem Unternehmen erheblich eingeschränkt sind.
Rz. 163
Hinweis
Gerade bei Selbstständigen nach § 18 EStG, aber auch Gewerbetreibenden die Größenordnung des §§ 141 AO nicht überschreiten, besteht nach Steuerrecht aufgrund der Einführung der Anlage "EÜR" ab VZ 2005 (Übersendung per Datenfernübertragung auf amtlich vorgeschriebenen Datensatz, § 60 Abs. 4 EStDV) die Möglichkeit, wieder auf die einfache Buchführung zurückzugreifen, weil das Formular EÜR alle wesentlichen Informationen erfasst, wie beispielsweise auch die für die steuerliche Veranlagung oder für den Unterhaltsfall stets interessierenden private Nutzungsanteile, AfA etc. Die Finanzverwaltung nimmt damit einen internen- bzw. externen Betriebsvergleich vor, der der elektronischen Datenverarbeitung überlassen bleiben kann und nur bei Auffälligkeiten eine "individuelle Betreuung" des Sachbearbeiters zur Folge hat.
Neben Anlage EÜR gehören zur Einkommensteuererklärung der Selbstständigen auch die Anlage AVEÜR, die die relevanten Informationen über das Anlage- und das Umlaufvermögen beinhaltet, und die Anlage SZE zur Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen und damit zu Privatentnahmen (beide ab VZ 2009).
Weitere Anlagen ab EÜR 2015:
Anlage ER = Ergänzungsrechnung des Gesellschafters für Korrekturen des Wertansatzes der Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens, z.B. bei Gesellschafterwechsel;
Anlage SE = Sonderberechnung für Betriebseinnahmen und/oder Sonderbetriebsausgaben, wie eine Vergütung für die Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft, Hingabe von Darlehn und/oder die Überlassung von Wirtschaftsgütern (Rdn 492)!
Anlage AVSE = Anlageverzeichnis zu Anlage SE ist nur zu übermitteln, wenn tatsächlich Sonderbetriebsvermögen vorliegt. Das sind Wirtschaftsgüter, die nicht Gesamthandseigentum sind, sondern einem, mehreren oder allen Beteiligten gehören und dem Betrieb der Gesellschaft oder Stärkung der ...