Bernd Kuckenburg, Renate Perleberg-Kölbel
Rz. 612
Die Unternehmensteuerreform 2008 bringt das System der Abgeltungsteuer (siehe Rdn 6 ff.) auf der Anteilseignerebene.
Die Dividendeneinkünfte sowie Kursgewinne (Veräußerungsgewinne) werden pauschal mit 25 % (zzgl. 5,5 % SolZ und ggf. KiSt) versteuert.
Der Körperschaftsteuersatz wird von 25 % auf 15 % gesenkt. Es handelt sich um eine Definitivbesteuerung ohne Anrechnung auf die Einkommensteuer, d.h. die Einkommensteuer bezieht sich auf 100 % der Einkünfte aus Kapitalvermögen als Bemessungsgrundlage!
Rz. 613
Das bisherige Halbeinkünfteverfahren wird zum Teileinkünfteverfahren (siehe auch Rdn 6 ff., 109 % des Gewinns sind steuerpflichtig) und gilt nur noch für Gewinnausschüttungen, Veräußerungsgewinne etc. im Zusammenhang mit Beteiligungen an Kapitalgesellschaften. Diese müssen sich im Betriebsvermögen von Einzelunternehmen oder Personengesellschaften befinden oder Gewinne, die sich aus der Veräußerung privater Beteiligungen im Sinne von § 17 EStG ergeben (Beteiligung von mindestens 1 % am Gesellschaftskapital innerhalb der letzten 5 Jahre)
Rz. 614
Hinweis
Diese Steueränderung gilt auf Unternehmensebene für Jahresabschlüsse ab 1.1.2008 und auf Anteilseignerebene ab 1.1.2009 durch die Unternehmensteuerreform 2008.
Rz. 615
Halbeinkünfteverfahren
Seit 2001 bis 2007 ist das bis dahin geltende Anrechnungsverfahren durch das Halbeinkünfteverfahren abgelöst worden. Beide Verfahren haben heute noch Bedeutung bei der stichtagsgenauen latenten Veräußerungsgewinnbesteuerung.
Der Steuersatz betrug 25 % und 5,5 % SolZ.
Es erfolgt keine Anrechnung der Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer.
Rz. 616
Hinweis
Obwohl das Anrechnungsverfahren durch das Halbeinkünfteverfahren schon Ende 2001 abgelöst wurde, spielt es unterhaltsrechtlich immer noch eine Rolle, weil bis 2017 Ausschüttung aus dieser Steuerrechtssystem beim Unterhaltseinkommen eine Rolle spielen können.
Rz. 617
Das bis zum 31.12.2000 geltende Anrechnungsverfahren ging davon aus, dass die Belastung mit Körperschaftsteuer auf der Ebene der Kapitalgesellschaft nicht abschließend war, sondern lediglich eine Vorauszahlung auf die persönliche Einkommensteuerschuld des Anteilseigners darstellte. Sie unterlagen zudem nicht einem einheitlichen Steuersatz, sondern es wurde zwischen einbehaltenen (Steuerbelastung mit 40 % ist definitiv) und ausgeschütteten Gewinnen (Steuerbelastung mit 30 % ist nicht definitiv, indem Anrechnung der KSt auf die persönliche Einkommensteuer erfolgt) unterschieden.
Wurden Gewinne ausgeschüttet, wurde die Körperschaftsteuerbelastung vollständig abgebaut und durch die Besteuerung dem persönlichen Einkommensteuersatz des Anteilseigners unterstellt.
Dies erfolgte in zwei Schritten:
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Auf der Ebene der Körperschaft wurde die Körperschaftsteuerbelastung der Ausschüttung von 40 % auf 30 % reduziert (Herstellung der Ausschüttungsbelastung) und |
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auf der Ebene der Gesellschafter fand die restliche Entlastung von 30 % auf 0 % statt, indem die 30 % auf die Einkommensteuerschuld angerechnet oder erstattet wurden (Anrechnung der Körperschaftsteuer). |
Zum exakten Abbau der Körperschaftsteuerbelastung muss im Anrechnungsverfahren die jeweilige steuerliche Vorbelastung des für die Ausschüttung verwendbaren Eigenkapitals festgehalten werden.
Dies hatte zur Folge: die zusätzliche Steuer auf die einbehaltenen Gewinne wurde bis zur Ausschüttung als Körperschaftsteuerguthaben "gespeichert".
Rz. 618
Unterhaltsrelevanz
Körperschaften, die aus der Zeit bis zum 31.12.2000 ausschüttungsfähige Gewinne haben und diese Gewinne bis zum unterhaltsrechtlich relevanten Zeitraum noch nicht oder teilweise noch nicht ausgeschüttet haben, besitzen ein Ausschüttungspotenzial mit Erstattung eines Körperschaftsteuerguthabens, das als mit ausgeschüttet gilt!
Es kommt unterhaltsrechtlich nicht auf den Zeitpunkt der körperschaftsteuerlichen Gewinnermittlung, sondern auf den Zeitpunkt der Ausschüttung an die Anteilseigner an.
Das Finanzamt beschied beim Anrechnungsverfahren dabei jährlich das ausschüttungsfähige Körperschaftsteuerguthaben aus dem verwendbaren Eigenkapital per Feststellungsbescheid. Dieses Körperschaftsteuerguthaben wird im Rahmen der Körperschaftsteuerveranlagung zum 31.12.2006 letztmalig ermittelt (§ 37 Abs. 4 KStG). Ab 2008 bis 2017 hat die Körperschaft einen Anspruch auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens (Steuerbelastung für ausgeschüttete Gewinne ist niedriger als für thesaurierte Gewinne) in 10 gleichen Jahresbeträgen (§ 37 Abs. 5 KStG). Der erste Jahresbetrag wird innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieses Festsetzungsbescheides und in den Folgejahren jeweils am 30. September ausbezahlt.
Auf die vorgenannten Bescheide besteht deshalb selbstverständlich ein unterhaltsrechtlicher Auskunfts- und Beleganspruch.
Die Gesellschaft hat das unverzinsliche Körperschaftsteuerguthaben ab dem 31.12.2006 mit dem abgezinsten Barwert im Jahresabschluss unter "sonstige Vermögensgegenstände" zu aktivieren, so dass dieses auch aus den Bilanzen ab 2007 ablesbar ist.
Der Mehrgewinn durc...