Bernd Kuckenburg, Renate Perleberg-Kölbel
Rz. 769
Grundsätzlich gilt im Einkommensteuerrecht, dass Aufwendungen für die private Lebensführung bei der Ermittlung des Einkommens nicht abgezogen werden dürfen (§ 12 EStG).
Durch den Abzug von Sonderausgaben wird dieser Grundsatz durchbrochen.
Als Sonderausgaben können nur Aufwendungen abgezogen werden, die auf einer eigenen Verpflichtung des Steuerpflichtigen beruhen und von ihm selbst entrichtet worden sind.
Rz. 770
Hinweis
Für die Anrechnung der Sonderausgaben beim Unterhaltsschuldner ist der Nachweis zu verlangen, dass der Unterhaltsschuldner die Leistungen für sich (und nicht für den Ehepartner oder seine Kinder) und aus eigenen Mitteln erbracht hat.
Rz. 771
Die Sonderausgaben sind abschließend, d.h. enumerativ in den §§ 10 bis 10c EStG aufgezählt.
Man unterscheidet hierbei zwischen unbeschränkt und beschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben.
a) Unbeschränkt abzugsfähige Sonderausgaben
Rz. 772
Zu den unbeschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben gehören:
b) Beschränkt abzugsfähige Sonderausgaben
Rz. 773
Beschränkt abzugsfähige Sonderausgaben werden in Sonderausgaben untergliedert, die entweder Vorsorgeaufwendungen darstellen oder nicht.
Vorsorgeaufwendungen sind:
Unter die beschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben, die keine Vorsorgeaufwendungen darstellen, fallen:
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Unterhaltsleistungen an bestimmte Ehegatten |
▪ |
Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung |
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privat veranlasste Kinderbetreuungskosten und Zuwendungen wie Spenden und Mitgliedsbeiträge. |
c) Personenbezogenheit
Rz. 774
Bei der getrennten Veranlagung/Einzelveranlagung ab VZ 2013 ist ein Sonderausgabenabzug grundsätzlich bei dem Ehepartner vorzunehmen, der die Sonderausgaben geleistet hat. Auf übereinstimmenden Antrag der Ehepartner wird ausnahmsweise ein hälftiger Abzug vorgenommen, § 26a Abs. 2 Satz 2 bis 4 EStG.
Werden Ehepartner nach § 26b EStG zusammenveranlagt, ist es für den Abzug von Sonderausgaben gleichgültig, von welchem Ehepartner diese gezahlt worden sind, weil Ehepartner nach § 26b EStG "gemeinsam als Steuerpflichtige" behandelt werden.
d) Abflussprinzip
Rz. 775
Abziehbar sind Sonderausgaben im Veranlagungszeitraum, in dem sie geleistet worden sind.
Maßgeblich ist nach § 11 Abs. 2 EStG folglich das Abflussprinzip, d.h. der Zeitpunkt des Abzuges der Sonderausgaben.
e) Ausnahmen
Rz. 776
Sonderausgaben können vom Gesamtbetrag der Einkünfte nur dann als solche abgezogen werden, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind oder wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten behandelt werden.
f) Pauschbetrag
Rz. 777
Weist ein Steuerpflichtiger keine Sonderausgaben nach oder liegt der nachgewiesene Betrag unter 36 EUR, wird der Sonderausgaben-Pauschbetrag von 36 EUR gewährt, § 10c EStG. Im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten verdoppelt sich der Sonderausgaben-Pauschbetrag, 10c S. 2 EstG.
g) Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben
aa) Unterhaltszahlungen
Rz. 778
Ehegattenunterhaltszahlungen sind begünstigte Aufwendungen und somit zum Sonderausgabenabzug zugelassen. Es spielt hierbei keine Rolle, ob die Unterhaltszahlungen freiwillig oder aufgrund gesetzlicher Verpflichtung erbracht werden. Es muss sich auch nicht um laufende oder einmalige Leistungen handeln. Auch die infolge des Nachteilsausgleichs zu erstattende Steuer und der zu leistende Verfahrenskostenvorschuss zählen hierzu.
Rz. 779
Hinweis
Ab VZ 2015 findet sich die Vorschrift nicht mehr in § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG, sondern in § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG!
Rz. 780
Auch Sachleistungen können berücksichtigt werden.
Hierzu zählt auch der Mietwert einer unentgeltlich überlassenen Wohnung.
Befindet sich die Wohnung im Miteigentum des geschiedenen oder getrennt lebenden Ehepartners, kann der Ehepartner, der die Wohnung überlässt, neben dem Mietwert seines Miteigentumsanteils auch die von ihm aufgrund der Unterhaltsvereinbarung getragenen verbrauchsunabhängigen Kosten für den Miteigentumsanteil des anderen Partners als Sonderausgaben abziehen. Als Wertmaßstab dienen die amtlichen Sachbezugswerte (ab 1.1.2012 die 4. VO zur Änderung der SozialversicherungsentgeltVO v. 2.12.2011; 4. SvEVÄndV), bzw. im Falle der Mietwohnung auch der objektive Mietwert (ortsübliche Miete).
Bei Zahlungen an ein gemeinsames Kind handelt es sich nicht um Ehegattenunterhalt, selbst wenn diese Zahlungen den geschiedenen Ehepartner von dessen Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind befreien.
Anwaltsgebühren, die aufgewendet werden, um die Zustimmung zum Realsplitting zu erlangen, sind lediglich Nebenkosten zum Sonderausgabenabzug, die nicht abzugsfähige Sonderausgaben sind.
Den nachehelichen Unterhalt aus dem Nachlass kann nach der Rechtsprechung des BFH der Erbe des Unterhaltspflichtigen trotz der ihm nach § 1586b BGB obliegenden Unterhaltslast gegenüber dem geschiedenen früheren Ehegatten des Erblassers nicht als Sonderausgabe abziehen. Die Abzugsberechtigung ist na...