Bernd Kuckenburg, Renate Perleberg-Kölbel
Rz. 1098
Bei einer Nachkalkulation werden betriebsinterne Daten wie Wareneinsatz und vorgegebene Verkaufspreise in Beziehung gesetzt und hochgerechnet. Die Nachkalkulation führt aber zu großen Unschärfen, wenn ein Betrieb mit unterschiedlichen Aufschlagsätzen arbeitet, viele verschiedene Warengruppen im Sortiment hat oder sehr unterschiedliche Dienstleistungen erbringt. Die einzelnen Kalkulationen und der Lohneinsatz variieren und sind daher nicht ohne weiteres aus den Waren- und Materialeingangsrechnungen zu ersehen.
Bei bis zu zehn Warengruppen wird es als unzumutbar angesehen, diese Besonderheiten bei einer Nachkalkulation zu berücksichtigen.
Darüber hinaus sind stets betriebliche Besonderheiten zu beachten. So können z.B. Sonderverkäufe, Mengenrabatte, Naturalrabatte, überdurchschnittlich proportionaler Schwund und größerer Warenverbrauch für Werbezwecke betriebliche Besonderheiten darstellen.
Rz. 1099
Hinweis
Dem steuerpflichtigen Unterhaltsschuldner ist deshalb zu empfehlen, für derartige Aktionen gesonderte Aufzeichnungen, beispielsweise über Rabattaktionen, zu fertigen.
Rz. 1100
Kommt es bei einer Kapitalgesellschaft zu Zuschätzungen von Einnahmen aufgrund einer Nachkalkulation, sind diese Zuschätzungen als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) an Gesellschafter zu werten. Wenn die Nachkalkulation den Schluss zulässt, dass die Kapitalgesellschaft Betriebseinnahmen nicht vollständig gebucht hat und diese nicht den Gesellschaftern außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung zugeflossen sind, wird hier von einer vGA gesprochen.
Bei der Nachkalkulation, so auch bei der Umsatzverprobung, handelt es sich um eine zu nennende Verprobungsmethode, die dem betriebswirtschaftlich gebildeten Sachverständigen vorbehalten bleibt. Wer sich gleichwohl an diese Themenstellung heranwagen will, benötigt natürlich Informationen zu den Aufschlagsätzen, die das beim externen Betriebsvergleich genannte statistische Material liefert. Die Umsatzverprobung wird anhand von Kalkulationsunterlagen des Steuerpflichtigen nachvollzogen. Die tatsächlichen Umsätze werden ermittelt, um dann möglichst daraus Rückschlüsse auf die erzielten Gewinne zu ziehen. Der Sachverständige kann dabei Angaben des Steuerpflichtigen nutzen oder eigene Ermittlungen anstellen.
Die Nachkalkulation kann darüber hinaus den Nachweis erbringen, dass selbst ein formell ordnungsgemäßes Buchungsergebnis unrichtig ist. Sie ermöglicht ergänzend zur steuerlichen Gewinnermittlung – aber auch bei der Ermittlung des Unterhaltseinkommens – die Schätzung nach der Vorschrift des § 162 AO bzw. nach § 287 ZPO.
Rz. 1101
Als Anknüpfungspunkt seien aus der steuerlichen Betriebsprüfung Beispiele genannt, in denen Rückschlüsse auf den tatsächlichen Umsatz gezogen worden sind:
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Anzahl der eingekauften Senfeimer, Ketchup, Schaschlik Spieße, Zuckerwürfelstücke, Teebeutel, Verbrauch von Kräuterbutter und Bratwurstgewürz, z.B. Menge des eingekauften Senfes, Pappteller bei einer Imbissstube zur Hochrechnung der Zahl der verkauften Würstchen, "Pommes-Frites-Connection" |
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Unterlagen zur Anmeldung zur Kurtaxe |
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Eintragung in Kehrbücher der Bezirksschornsteinfeger |
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Umsatzverprobung anhand von eingekauften Tabletts, Plastikbestecken und Servietten |
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Wurstpelle bei einer Metzgerei als Anknüpfungspunkt für die Zuschätzung der hergestellten Wurstwaren |
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bei gastronomischen Betrieben, z.B. Cafés und Eisdielen, bei denen anhand der Einkaufsmengen von Röstkaffee, Teebeuteln, Dekoschirmchen, Waffeln, etc. hochgerechnet werden kann auf den Verkauf von Kaffee, Tee, Getränken bzw. Eisportionen. |
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Anzahl der untergestellten Pensionspferde und damit korrespondierender Umsatz bei einem Reiterhof abgeleitet aus dem Bedarf an Heu, Stroh und Hafer. |
Rz. 1102
Faustregel der Bochumer Staatsanwaltschaft:
"Wer da mit 40 kein reicher Mann ist, gilt bei den Insidern als dumm oder faul!"
Rz. 1103
Hinweis
Weitere Auskunftsquelle, auch anerkanntes Instrument bei der Auskunftserteilung im Unterhaltsprozess, kann die umsatzsteuerliche Verpflichtung sein, insbesondere auch auf die Aufzeichnung hin, welche Entgelte auf welche einzuwendenden Umsatzsteuersätze entfallen (§ 22 Abs. 2 UStG). Hierauf sollte sich selbstverständlich auch der unterhaltsrechtliche Auskunfts- und Beleganspruch beziehen.
Rz. 1104
Bei der Nachkalkulation ist natürlich zu differenzieren zwischen Handels-, Handwerks- und Fertigungsbetrieben.
Bei der Nachkalkulation von Handwerks- und Fertigungsbetrieben spielt eine Position eine bedeutende Rolle.
Es handelt sich um den Materialeinkauf einschließlich der Fremdleistungen, dem Einsatz von Fertigungslöhnen und dem Einsatz von Maschinenstunden.
Der Wareneinsatz ist dabei der veräußerte Teil der Waren aus dem Anfangsbestand und dem Wareneingang.
Unter Materialeinsatz versteht man den zum Zweck der Veräußerung verarbeiteten und bearbeiteten Teil des Materials aus dem Anfangsbestand oder dem Materialeingang einschließlich der Fremdleistungen.
Zum Waren- und Materialeinsatz gehören mithin auch die ...