Bernd Kuckenburg, Renate Perleberg-Kölbel
I. Einkünfteermittlung nach § 2 Abs. 2 EStG
1. Überblick zur Ermittlung der Summe der Einkünfte
Rz. 742
Die Summe der Einkünfte nach § 2 Abs. 2 EStG resultiert aus der Zusammenrechnung der positiven und/oder negativen Einkünfte der verschiedenen sieben Einkunftsarten.
Sie stellt ein Zwischenergebnis bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens dar.
2. Verlustausgleich
Rz. 743
Bei der Ermittlung der Summe der Einkünfte werden sowohl die positiven als auch die negativen Einkünfte der einzelnen Einkunftsarten berücksichtigt.
Bei der Verrechnung von Verlusten unterscheidet man
und
Bei dem Verlustausgleich ist zwischen dem horizontalen und vertikalen Verlustausgleich zu differenzieren.
a) Horizontaler Verlustausgleich
Rz. 744
Unter einem horizontalen Verlustausgleich versteht man die Verrechnung der positiven und negativen Einkünfte innerhalb einer Einkunftsart zur Ermittlung der Einkünfte einer Einkunftsart.
Überschreiten die positiven die negativen Einkünfte innerhalb einer Einkunftsart, entstehen positive Einkünfte dieser Einkunftsart.
Überschreiten die negativen die positiven Einkünfte innerhalb einer Einkunftsart, entstehen negative Einkünfte dieser Einkunftsart.
Beim horizontalen Verlustausgleich erfolgt eine Verrechnung der negativen mit den positiven Einkünften innerhalb einer Einkunftsart.
Beispiel
Unterhaltsschuldner S erzielt im Veranlagungszeitraum 2019Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wie folgt:
Mietobjekt 1 |
100.000 EUR |
Mietobjekt 2 |
– 120.000 EUR |
Lösung
Im Wege des horizontalen Verlustausgleichs werden die Einkünfte des S aus derselben Einkunftsart, hier aus V & V mit – 20.000 EUR ermittelt (100.000 EUR – 120.000 EUR).
b) Vertikaler Verlustausgleich
Rz. 745
Unter einem vertikalen Verlustausgleich versteht man die Verrechnung der positiven Einkünfte einzelner Einkunftsarten mit negativen Einkünften anderer Einkunftsarten zur Ermittlung der Summe der Einkünfte.
Abwandlung des Beispiels
Unterhaltsschuldner S hat neben seinen negativen Einkünften aus V & V in Höhe von –20.000 EUR noch Einkünfte aus selbstständiger Arbeit als Rechtsanwalt in Höhe von 160.000 EUR.
Lösung
Die Summe der Einkünfte des S beträgt in 2019 140.000 EUR (160.000 EUR – 20.000 EUR).
Rz. 746
Hinweis
Übersteigen die negativen Einkünfte die positiven Einkünfte der verschiedenen Einkunftsarten, wird ein vertikaler Verlustausgleich nur bis zur Höhe der positiven Einkünfte möglich.
Rz. 747
Grundsätzlich ist die Summe der Einkünfte somit positiv oder beträgt mindestens 0 EUR.
Weitere Abwandlung des vorigen Beispiels
Unterhaltsschuldner S hat neben seinen negativen Einkünften aus V & V in Höhe von – 20.000 EUR als Rechtsanwalt lediglich Einkünfte aus selbstständiger Arbeit in Höhe von 10.000 EUR erzielt.
Lösung
Die Summe der Einkünfte des S in 2019 beträgt "0".
Rz. 748
Etwaig nicht ausgeglichene Verluste können unter bestimmten Voraussetzungen nach § 10d EStG zurück- oder vorgetragen werden (vgl. hierzu Rdn 760 ff.).
Rz. 749
▪ Ausnahmen
Nicht alle Verluste können mit positiven Einkünften ausgeglichen werden.
Ausgeschlossen vom Verlustausgleich sind z.B.:
▪ |
Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung |
▪ |
(§ 15 Abs. 4 S. 1 EStG) |
▪ |
Verluste aus bestimmten Leistungen, z.B. wenn die Werbungskosten die Einnahmen übersteigen (§ 22 Nr. 3 S. 3 EStG). So sind z.B. die einem Arbeitnehmer von einem Dritten gezahlten Bestechungsgelder sonstige Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG und die Herausgabe der Bestechungsgelder an den geschädigten Arbeitgeber führt im Zeitpunkt des Abflusses zu Werbungskosten bei den Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG. Die Verlustausgleichsbeschränkung des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG ist nach dem BFH verfassungsgemäß. |
▪ |
Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften, soweit sie Gewinne, die der Steuerpflichtige im selben Kalenderjahr aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt hat, übersteigen (§ 23 Abs. 3 S. 7 EStG). Die nur eingeschränkte Abziehbarkeit von Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäfte... |