Bernd Kuckenburg, Renate Perleberg-Kölbel
Rz. 199
Gewinne, die bei der Veräußerung eines Betriebes, auch die fiktive Veräußerung im Zugewinnausgleichsverfahren, (siehe unten ausführlich unter "Sonstige Einkünfte" nach § 22 EStG, Rdn 730 ff.) erzielt werden, gehören nach § 16 Abs. 1 S. 1 EStG ebenfalls zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, wobei sich die Veräußerung beziehen kann auf:
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den ganzen Gewerbebetrieb oder einen Teilbetrieb, |
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einen Mitunternehmeranteil oder |
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einen Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters an einer KGaA. |
Rz. 200
Hinweis
Die Aufgabe eines Betriebes wird nach § 16 Abs. 3 EStG der Veräußerung gleichgestellt.
Hierbei wird die Veräußerung bzw. die Aufgabe des Betriebes als letzte gewerbliche Handlung des Unternehmers angesehen.
Rz. 201
Veräußerungsgewinne nach § 16 Abs. 2 EStG (auch für Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften nach § 17 EStG) ermitteln sich wie folgt:
Veräußerungspreis abzüglich Veräußerungskosten abzüglich Wert des Betriebsvermögens/Reinvermögens (Vermögen ./. Schulden) = Veräußerungsgewinn
Beispiel
Der 60 Jahre alte A betreibt seit 40 Jahren in Hannover eine Gemüsegroßhandlung.
Er veräußert seinen Betrieb in 2012 im Ganzen für 300.000 EUR. Er stellt gleichzeitig seine gesamte gewerbliche Tätigkeit auf Dauer ein.
Zum Veräußerungszeitpunkt betrug der Wert des Betriebsvermögens (Aufgabebilanz) 90.000 EUR.
An Veräußerungskosten sind 10.000 EUR (Makler-, Notarkosten etc.) angefallen.
Lösung
Der Veräußerungsgewinn für A wird für den Veranlagungszeitraum 2012 wie folgt ermittelt:
Veräußerungspreis |
300.000 EUR |
./. Veräußerungskosten |
10.000 EUR |
./. Wert des Betriebsvermögens |
90.000 EUR |
= Veräußerungsgewinn |
200.000 EUR |
Rz. 202
Der Veräußerungsgewinn wird gemäß § 34 EStG versteuert (vgl. unten "außerordentliche Einkünfte und ihre Steuerermäßigung"). Wenn der Veräußerungsgewinn 5 Mio. EUR nicht übersteigt und der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder dauernd erwerbsunfähig im sozialrechtlichen Sinne ist, wird der Veräußerungsgewinn um einen Freibetrag von 45.000 EUR nach § 16 Abs. 4 S. 1, § 34 Abs. 3 EStG gemindert. Dieser Freibetrag ist nach § 16 Abs. 4 S. 2 EStG einem Steuerpflichtigen nur einmal zu gewähren. Er ermäßigt sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136.000 EUR als Grenzbetrag übersteigt (Abschmelzung; § 16 Abs. 4 S. 3 EStG).
Sind die obigen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt, kommt ein ermäßigter Steuersatz von 56 % des durchschnittlichen Steuersatzes aus dem gesamten zu versteuernden Einkommen zum Tragen (§ 34 Abs. 3 S. 2 EStG).
Rz. 203
Hinweis
Einkünfte aus Gewerbebetrieb und Veräußerungsgewinnen aus Gewerbebetrieb sind in der Anlage G in Tz 31 ff. auszuwiesen. Auf diese Anlage zur Einkommensteuererklärung und auf die Dokumentation der Ermittlung zur Höhe des Veräußerungsgewinns besteht ein unterhaltsrechtlicher Auskunfts- und Beleganspruch.