Bernd Kuckenburg, Renate Perleberg-Kölbel
Rz. 287
▪ Unterhaltsrelevanz
Gewinnreduzierend und damit für die Einkommensermittlung von größter Bedeutung ist die Teilwertabschreibung, die von Familienrechtlern praktisch nicht beachtet wird und mindestens die wirtschaftliche Bedeutung der AfA hat.
Im Gegensatz zur AfA, die nur für das Anlagevermögen relevant ist, gilt die Teilwertabschreibung auch für das Umlaufvermögen.
Gerade der in Anspruch genommene Unterhaltsschuldner wird ein Interesse haben, seine Einkünfte über die Teilwertabschreibung zu reduzieren, was der allgemeinen Beachtung durch die Familienrechtler mangels Kenntnis des Instituts entgeht, woraus ein Haftungsrisiko resultiert.
Rz. 288
▪ Teilwert
Was ist unter dem steuerrechtlichen Begriff des Teilwerts zu verstehen?
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG (gleichlautend § 10 BewG) ist der Teilwert der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde, wobei davon auszugehen ist, dass der Erwerber den Betrieb fortführt (going-concern-Prinzip). Die Funktion des Teilwerts ist ein Wertansatz anstelle des Wertansatzes auf Basis der Anschaffungskosten. Dieser Wertansatz der Steuerbilanz gleicht dem sog. beizulegenden Wert der Handelsbilanz. Es muss aber eine voraussichtlich dauernde Wertminderung vorliegen, d.h. ein voraussichtlich nachhaltiges Absinken des Wertes des Wirtschaftsgutes unter den maßgeblichen Buchwert. Eine nur vorübergehende Wertminderung reicht für eine Teilwertabschreibung nicht aus.
Dabei besteht die Besonderheit, dass die Vornahme einer außerplanmäßigen Abschreibung in der Handelsbilanz nicht zwingend in der Steuerbilanz durch eine Teilwertabschreibung nachvollzogen werden muss (Beispiel für Auseinanderfallen von Steuer- und Handelsbilanz).
Rz. 289
▪ Ziel der Teilwertabschreibung
Überbewertungen der Wirtschaftsgüter und damit einhergehend ein zu hoher Ausweis des Vermögens oder Gewinns sowie die Bildung ungerechtfertigter stiller Reserven sollen vermieden werden.
Rz. 290
▪ Teilwertabschreibung beim abnutzbaren Anlagevermögen
Für die Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens kann von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung ausgegangen werden, wenn der Wert des jeweiligen Wirtschaftsguts am Bilanzstichtag mindestens für eine halbe Restnutzungsdauer unter dem planmäßigen Restbuchwert liegt.
Das gilt auch dann, wenn beabsichtigt ist, dass Wirtschaftsgut vor Ablauf der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer zu veräußern.
Die verbleibende Nutzungsdauer ist für Gebäude nach § 7 Abs. 4 und 5 EStG, für andere Wirtschaftsgüter grundsätzlich nach den amtlichen AfA-Tabellen zu bestimmen.
Beispiel
Ein Unternehmen hat eine Maschine zu Anschaffungskosten von 100.000 EUR erworben.
Die Nutzungsdauer beträgt zehn Jahre, die jährliche AfA beträgt linear 10.000 EUR.
Im zweiten Jahr beträgt der Teilwert beispielsweise wegen eines Schadensfalls nur noch 30.000 EUR bei einer Restnutzungsdauer von acht Jahren.
Lösung
Hier ist (auf einen Schlag!) gewinnreduzierend eine Teilwertabschreibung auf 30.000 EUR zulässig.
Die Minderung ist voraussichtlich auch von Dauer, weil der Wert des Wirtschaftsgutes zum Bilanzstichtag bei planmäßiger Abschreibung erst nach fünf Jahren, d.h. erst nach mehr als der Hälfte der Restnutzungsdauer, erreicht wird.
Faustregel für dauernde Wertminderung: Buchwert halbieren, wenn dann der Teilwert niedriger ist als der halbierte Buchwert, ist die Wertminderung dauernd.
Abwandlung
Der Teilwert beträgt 50.000 EUR.
Lösung
Eine Teilwertabschreibung ist nicht zulässig.
Die Minderung ist voraussichtlich nicht von Dauer, da der Wert des Wirtschaftsguts zum Bilanzstichtag bei planmäßiger Abschreibung schon nach drei Jahren und damit früher als nach mehr als der Hälfte der Restnutzungsdauer erreicht wird.
Rz. 291
▪ Teilwertabschreibung beim nicht abnutzbaren Anlagevermögen
Für die Wirtschaftsgüter des nicht abnutzbaren Anlagevermögens ist grundsätzlich darauf abzustellen, ob die Gründe für eine niedrigere Bewertung voraussichtlich anhalten werden.
Kursschwankungen von börsennotierten Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens stellen eine nur vorübergehende Wertminderung dar und berechtigen deshalb nicht zum Ansatz des niedrigeren Teilwertes.
Beispiel
Das Unternehmen hat Aktien einer Aktiengesellschaft zum Preis von 100 EUR/Stück erworben. Die Aktien sind als langfristige Kapitalanlage dazu bestimmt, dauernd dem Unternehmen zu dienen. Der Kurs der Aktien schwankt nach der Anschaffung zwischen 70 EUR und 100 EUR. Am Bilanzstichtag beträgt der Börsenpreis 90 EUR.
Lösung
Eine Teilwertabschreibung ist unzulässig.
Der durch die Kursschwankungen verursachte niedrigere Börsenpreis am Bilanzstichtag stellt eine nur vorübergehende Wertminderung dar.
Entgegen dieser Ansicht im BMF-Schreiben hat der BFH eine Teilwertabschreibung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG bei börsennotierten Aktien angenommen, die als Finanzanlagen gehalten werden, wenn der Börsenwert zum Stichtag unter die Anschaffungskosten gesunken ist und zum Zeit...