Bernd Kuckenburg, Renate Perleberg-Kölbel
Rz. 300
Als immaterielle (unkörperliche) Wirtschaftsgüter kommen in Betracht: Rechte, rechtsähnliche Werte und sonstige Vorteile. Trivialprogramme sind abnutzbare bewegliche und selbstständig nutzbare Wirtschaftsgüter. Computerprogramme, deren Anschaffungskosten nicht mehr als 410 EUR betragen, sind wie Trivialprogramme zu behandeln. Keine immateriellen Wirtschaftsgüter sind die nicht selbstständig bewertbaren geschäftswertbildenden Faktoren. (R 5.5 Abs. 1 S. 1 EStR 2012).
Hierunter fällt auch der Goodwill/Geschäfts- oder Firmenwert.
Dabei muss es sich zunächst einmal um ein eigenständiges bewertbares Wirtschaftsgut handeln. Andernfalls ist die Abschreibung (natürlich auch bei der EÜR) nicht möglich.
Die Problematik kann an der Kassenarztzulassung erläutert werden.
Diese stellt zunächst einmal grundsätzlich kein neben dem Praxiswert stehendes Wirtschaftsgut dar. Erwirbt der Praxiserwerber/Praxis Nachfolger eine bestehende Arztpraxis, einen Teilbetrieb oder einen Mitunternehmeranteil mit Vertragssitz und zahlt er unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Interesses des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben einen Kaufpreis, der den Verkehrswert der Praxis nicht übersteigt, ist der Kassenzulassung kein gesonderter Wert beizumessen und diese wird somit einheitlich mit dem Praxiswert abgeschrieben.
Gemäß Urteil des BFH kann die Kassenarztzulassung dann ein eigenständiges Wirtschaftsgut darstellen, wenn es sich als Gegenstand des Veräußerungsvorgangs besonders konkretisiert hat.
Rz. 301
Beispiel
Der Erwerb mit der Motivation der Verlegung des Vertragsarztsitzes ohne Übernahme von Praxisräumen oder der Erwerb der Kassenarztzulassung, um die Aufnahme des Erwerbers als weiterer Gesellschafter in einer bestehenden freiberuflichen Personengesellschaft zu ermöglichen.
In diesen Fällen kommt der Vertragsarztzulassung eine nicht unerhebliche wirtschaftliche Bedeutung zu und es entsteht ein selbstständig bewertbares immaterielles Wirtschaftsgut.
Gleichwohl ist eine Abschreibung gemäß § 7 Abs. 1 EStG nicht möglich, die da die Vertragsarztzulassung zeitlich unbegrenzt erteilt wird!
Rz. 302
Ermittlung des Geschäfts-/Firmenwerts/Goodwills
Kaufpreis ./. Buchwert = Geschäfts- oder Firmenwert/Goodwill
Der derivative, d.h. der abgeleitete und erworbene Firmenwert ist steuerlich mit den Anschaffungskosten zu aktivieren und linear abzuschreiben (§ 246 Abs. 1 S. 4 HGB). Diese Aktivierungspflicht besteht auch im Steuerrecht (§ 7 Abs. 1 S. 3 EStG), wonach von einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Geschäfts- oder Firmenwertes von 15 Jahren auszugehen ist.
Beispiel
A erwirbt am 3.1.2013 ein Unternehmen mit einem Firmenwert. Die Anschaffungskosten hierfür betragen 150.000 EUR.
A will eine einheitliche Handels- und Steuerbilanz erstellen. Er passt sie handelsrechtlich an die steuerrechtliche 15-jährige Abschreibungsdauer an.
Lösung
Die Abschreibung beträgt folglich 10.000 EUR (100 %: 15 Jahre = 6,66 % von 150.000 EUR pro Wirtschaftsjahr).
Rz. 303
Hinweis
Der bei einem Kauf einer freiberuflichen Praxis erworbene Praxiswert stellt keinen Geschäftswert oder Firmenwert i.S.v. § 7 Abs. 1 S. 3 EStG dar. Diese Norm bezieht sich lediglich auf gewerbliche oder land- und forstwirtschaftliche Unternehmungen.
Die Abschreibungsdauer eines Praxiswertes, wegen seiner Personenbezogenheit, liegt zwischen drei und fünf Jahren bei Ausscheiden des Praxisinhabers bzw. sechs bis zehn Jahren bei dessen fortgesetzter Tätigkeit.
Die Neufassung des § 253 Abs. 3 S. 3 bis 4 HGB nimmt eine bei fehlenden Anhaltspunkten regelmäßige Abschreibungsdauer von 10 Jahren an.
Höchstrichterliche familienrechtliche Entscheidungen zur Berücksichtigung von AfA bei immateriellen Wirtschaftsgütern liegen nicht vor.
Das Unterhaltsrecht kann, wie so häufig, mit den stringenten steuerrechtlichen Regeln operieren, was insbesondere deshalb gilt, weil deren Abschreibungsdauer dem tatsächlichen Werteverzehr nach allgemeiner Erfahrung entspricht. Auch hier entspricht die steuerliche Regelung jahrelanger Erfahrung der Finanzverwaltung.
Die handelsrechtliche Aktivierungsfähigkeit des originären Geschäftswerts/Goodwills nach BilMoG (Handelsbilanz) beschränkt sich lediglich auf solche selbst erstellten immateriellen Werte, die die Kriterien eines Vermögensgegenstandes erfüllen. Wird die Vermögensgegenstandseigenschaft erfüllt, besteht für den originären Firmenwert ein Aktivierungswahlrecht, es sei denn, es handelt sich um Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, die nicht entgeltlich erworben wurden (§ 248 Abs. 2 S. 2 HGB).
Dabei bezieht sich das Aktivierungswahlrecht insbesondere auf die Entwicklungskosten.
Das Bestehen des Wahlrechts hängt davon ab, ob hierfür die handelsrechtlichen Kriterien eines Vermögensgegenstands erfüllt sind.
Nach Handelsrecht bestand nach § 248 Abs. 2 HGB a.F. ein Aktivierungsverbot für originäre Firmenwerte.
Das für den originären Firmenwert geltende generelle A...