Bernd Kuckenburg, Renate Perleberg-Kölbel
Rz. 990
Die Lohnsteuer ist keine eigene Steuer, sondern vielmehr eine Unterart und besondere Erhebungsform der Einkommensteuer. Sie wird bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gem. § 19 EStG direkt vom Lohn abgezogen. Gem. § 38 Abs. 3 EStG behält der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer, § 1 Lohnsteuerdurchführungsverordnung (LStDV), die Lohnsteuer ein und führt sie ab. Der Arbeitgeber handelt regelmäßig für den Arbeitnehmer. Der Arbeitnehmer ist Schuldner der Lohnsteuer, die zu dem Zeitpunkt entsteht, an dem der Lohn an den Arbeitnehmer geleistet wird, § 38 Abs. 2 S. 1 und 2 EStG. In jedem Falle ist die Lohnsteuer unabhängig davon einzubehalten, ob der Arbeitnehmer zur Einkommensteuer i.R.d. betrieblichen Altersversorgung, § 5 LStDV, veranlagt wird oder nicht.
1. Lohnsteuerklassen
Rz. 991
Der Steuerabzug erfolgt nach Maßgabe der Steuerkarte, auf der u.a. die Steuerklasse eingetragen wird.
2. Lohnsteuertabellen
Rz. 992
Steuerklasse I:
a) Ledige
b) Verheiratete, Geschiedene oder Verwitwete, wenn die Voraussetzungen für Steuerklasse III oder IV nicht erfüllt sind
c) beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer mit mindestens einem Kind
Steuerklasse II: wie Steuerklasse I und wenn der Freibetrag für Alleinerziehende zu berücksichtigen ist, § 24b EStG
Steuerklasse III:
a) Verheiratete, beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig und nicht dauernd getrennt lebend. Der andere Ehegatte darf keinen Lohn beziehen oder muss auf gemeinsamen Antrag in die Steuerklasse V eingruppiert sein.
b) Verwitwete für das Jahr nach dem Tod des Ehegatten bei beiderseitiger unbeschränkter Einkommensteuerpflicht und keinem dauernden Getrenntleben im Todeszeitpunkt
c) bei aufgelöster Ehe für das Jahr der Auflösung, in dem die Eheleute (beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig) nicht dauernd getrennt lebten. Der andere Ehegatte muss im gleichen Jahr wieder geheiratet haben und darf nicht dauernd getrennt leben. Er und sein neuer Ehegatte müssen unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sein.
Steuerklasse IV: Verheiratete, beide Lohnbezieher, unbeschränkt steuerpflichtig sowie nicht dauernd getrennt lebend
Steuerklasse V: Arbeitnehmer wie bei Steuerklasse IV, wenn der Ehegatte auf beiderseitigen Antrag Steuerklasse III hat
Steuerklasse VI: Arbeitnehmer mit Lohn aus mehr als einem Arbeitsverhältnis für das zweite Arbeitsverhältnis und weitere Arbeitsverhältnisse.
Rz. 993
Auf der Grundlage der Einkommensteuertabellen werden die Lohnsteuertabellen erstellt.
Hier sind die für die einzelnen Steuerklassen in Betracht kommenden Lohnsteuerbeträge ausgewiesen.
Es gibt zwei unterschiedliche Lohnsteuertabellen. Dies resultiert aus der Kürzung der Vorsorgepauschale bei Arbeitnehmern, die keine Beiträge zur Sozialversicherung leisten, wie z.B. Beamte.
Es gibt somit
▪ |
eine allgemeine Lohnsteuertabelle (Tabelle A) |
▪ |
eine besondere Lohnsteuertabelle (Tabelle B) |
Rz. 994
Hinweis
Der Kinderfreibetrag wird seit 1996 lediglich noch bei der Berechnung des Solidaritätszuschlags und der Kirchensteuer berücksichtigt. Obwohl für den Kinderfreibetrag das Monatsprinzip gilt, bleiben die Eintragungen der Kinderfreibetragszähler stets bis zum Ende des Kalenderjahres gültig.
Rz. 995
Beim Solidaritätszuschlag und bei der Kirchensteuer gilt nach wie vor das Jahresprinzip.
Ohne Eintragung auf der Lohnsteuertabelle sind vom Arbeitgeber nach § 39b Abs. 2 S. 2 EStG zu berücksichtigen:
▪ |
Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag (§ 19 Abs. 2 EStG) |
sowie
Der Arbeitgeber hat ferner den Arbeitslohn nach Maßgabe der Eintragung auf der Lohnsteuerkarte um einen etwaigen Freibetrag nach § 39a Abs. 1 EStG zu vermindern oder um einen etwaigen Hinzuziehungsbetrag nach § 39a Abs. 1 Nr. 7 EStG zu erhöhen. Dies ergibt sich aus § 39b Abs. 2 S. 4 EStG.
3. Lohnsteuerabzugsmerkmale und Faktorverfahren
Rz. 996
Die Lohnsteuerkarte erfasst die persönlichen Merkmale des Steuerpflichtigen. Die letzte in Papierform wird ab 2013 durch das elektronische System "ElsterLohn II" abgelöst. Lohnsteuerliche Merkmale der Arbeitnehmer werden nur noch in diesem System gespeichert, wobei der Arbeitgeber mithilfe der ihm von seinem Arbeitnehmer mitgeteilten Daten, nämlich der Steuer-Identifikationsnummer (2008 war die lebenslang gültige Identifikationsnummer grundsätzlich flächendeckend eingeführt worden) und dem Geburtsdatum, die für den Lohnsteuerabzug benötigten Daten bei der Finanzverwaltung abruft, § 39e EStG. Die Speicherung der relevanten Daten erfolgt zentral in der sog. ELStAM-Datenbank ELStAM (Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale) beim Bundeszentralamt für Steuern.
Rz. 997
Ab 2010 ist das sog. "Faktorverfahren" gem. § 39f EStG als Alternative für Ehegatten geschaffen worden, die eine Steuerklassenkombination III/IV oder IV/IV haben. So kann auf der Lohnsteuerkarte jeweils die Steuerklasse IV in Verbindung mit einem Faktor, nämlich IV-Faktor/IV-Faktor, eingetragen werden.
Der Faktor entspricht der voraussichtlichen Einkommensteuer beider Ehegatten nach der Splittingtabelle geteilt durch d...