Bernd Kuckenburg, Renate Perleberg-Kölbel
1. Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 EStG)
a) Arbeitnehmereigenschaft
Rz. 626
Arbeitnehmer i.S.v. § 1 Abs. 1 S. 1 und S. 2 LStDV sind die Personen, die im öffentlichen oder privaten Dienst angestellt oder beschäftigt sind oder waren und die aus diesem Dienstverhältnis oder einem früheren Dienstverhältnis Arbeitslohn beziehen. Ein Dienstverhältnis liegt danach vor, wenn der Beschäftigte dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet, d.h. wenn er unter Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist (§ 1 Abs. 2 S. 2 LStDV).
Rz. 627
Hinweis
Mit den klassischen Merkmalen Weisungsgebundenheit, allgemeine Marktteilnahme (nicht nur ein oder zwei Auftraggeber) und unternehmerisches Risiko ist die nichtselbstständige Tätigkeit von der Tätigkeit als Land- und Forstwirt, als Gewerbetreibender und selbstständig Tätiger abgegrenzt werden.
Somit ist nicht derjenige Arbeitnehmer, der sich unternehmerisch i.S.v. § 2 Abs. 1 UStG betätigt. Unternehmer ist nach danach, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.
Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbstständig ausgeübt,
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind,
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft).
b) Scheinselbstständige
Rz. 628
Die Scheinselbstständigen repräsentieren den Personenkreis, deren Einkünfte aufgrund formal unabhängiger Tätigkeit als Gewinn bzw. als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten von ihnen selbst im Rahmen der steuerlichen Einkommensermittlung ermittelt werden.
Scheinselbstständige sind Erwerbstätige, die rechtlich als Selbstständige behandelt werden, in Wirklichkeit aber wie abhängig Beschäftigte arbeiten.
Betriebswirtschaftlich beruht dieses oft auf Outsourcing.
Vorteile für einen Outsourcer sind Einsparungen bei Personal- und Materialkosten, Gewährleistung hoher Qualität und Einhaltung von Zeitvorgaben sowie Wegfall der Kapitalbindungen durch teuren Maschinenpark und Umgehung arbeitsrechtlicher Konsequenzen.
Entscheidendes Abgrenzungskriterium ist u.a., ob der Arbeitnehmer weisungsgebunden ist oder nicht oder im Wesentlichen nur einen Auftraggeber hat. Für den Arbeitgeber besteht die Gefahr der Nacherhebung von Sozialversicherung und Lohnsteuer.
Rz. 629
Der BFH hat Abgrenzungskriterien für und wider Selbstständigkeit wie folgt definiert:
Selbstständigkeit:
Selbstständigkeit in der Organisation und bei der Durchführung der Tätigkeit; Unternehmensrisiko (Vergütungsrisiko); wird eine Vergütung für Ausfallzeiten nicht gezahlt, spricht dieses für Selbstständigkeit; Unternehmerinitiative (bloße Umqualifizierung in gewerbliche Einkünfte reicht nicht); Bindung nur an bestimmte Tage an den Betrieb; geschäftliche Beziehung zu anderen Vertragspartnern.
Wider Selbstständigkeit:
Weisungsgebundenheit für Ort/Zeit, Inhalt der Tätigkeit; fester Arbeitszeit; feste Bezüge; Urlaubsanspruch; Anspruch auf Sozialleistungen; Fortzahlung im Krankheitsfall; Eingliederung in den Betrieb; Schulden der Arbeitskraft und nicht des Erfolgs.
c) Arbeitslohn
Rz. 630
Auszugehen ist von dem Bruttoarbeitslohn, d.h. des Arbeitslohnes vor Kürzung durch Abzüge.
Arbeitslohn sind alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen. Es ist gleichgültig, ob es sich um eine einmalige oder laufende Einnahme handelt, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und unter welcher Bezeichnung und in welcher Form sie gewährt wird (§ 2 Abs. 1 LStDV).
Rz. 631
Nach R 70 Abs. 1 und Abs. 3 LStR gehören zum Arbeitslohn:
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Sachbezüge |
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Lohnzuschläge, z.B. für Mehrarbeit oder Erschwernis |
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Entschädigungen, z.B. für nicht gewährten Urlaub |
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pauschale Fehlgeldentschädigungen, die Arbeitnehmern im Kassen- und Zähldienst gezahlt werden, soweit sie den Freibetrag von 16 EUR im Monat übersteigen |
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Vergütungen des Arbeitgebers zum Ersatz der dem Arbeitnehmer berechneten Kontoführungsgebühren |
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Vergütungen des Arbeitgebers zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, soweit diese Aufwendungen nicht zu den Reisekosten gehören |
Fahrtkostenzuschüsse können vom Arbeitgeber mit einem Pauschalsteuersatz von 15 % bis zu einem Betrag erhoben werden, der nach § 9 Abs. 2 EStG als Werbungskosten angesetzt werden könnte, wenn die Bezüge nicht pauschal erhoben werden (§ 40 Abs. 2 S. 2 EStG).
Diese pauschal besteuerten Bezüge mindern die abziehbaren Werbungskosten (§ 40 Abs. 2 S. 3 EStG).
Rz. 632