a) Regelungsbedarf

 

Rz. 124

Nach Ansicht des Gesetzgebers führt die unterschiedliche Verjährung in der Praxis zu Wertungswidersprüchen und Schwierigkeiten bei der Abwicklung der betroffenen Rechtsverhältnisse. In der Vergangenheit kam es nämlich immer wieder in der Literatur zu der Auseinandersetzung, wann ein erbrechtliche Anspruch vorliegt und dieser verjährt bzw. ob jeder Anspruch, der im fünften Buch des BGB geregelt ist, auch ein erbrechtlicher Anspruch i.S.d. § 197 BGB sei.

Mit seiner Entscheidung vom 18.4.2007 hat der BGH[182] klargestellt, dass die bis zum 31.12.2001 geltende regelmäßige Verjährungsfrist von dreißig Jahren für Ansprüche aus dem fünften Buch des BGB durch § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB grundsätzlich aufrechterhalten worden ist. Kurz nach dieser Klärung durch das oberste deutsche Zivilgericht, hat der Gesetzgeber einen vollständigen Paradigmenwechsel vorgenommen, nämlich weg von der Dreißigjahresfrist und hin zur Regelverjährung von drei Jahren.

b) Erbrechtsreform zum 1.1.2010

 

Rz. 125

Die bisherige Sonderverjährung nach § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist zugunsten der Regelverjährung gemäß § 195 BGB entfallen.[183] Bei Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis des Gläubigers hinsichtlich der den Anspruch begründenden Umstände und der Person des Schuldners verjähren auch die aus einem Erbfall herrührenden Ansprüche – mit Ausnahme der Ansprüche gegen den Erbschaftsbesitzer und den Vorerben auf Herausgabe der Erbschaft – in drei Jahren. Jedoch ist hier wegen der regelmäßigen Schwierigkeiten bei der Feststellung der maßgeblichen Umstände, auf denen die aus einem Erbfall herrührenden Ansprüche beruhen, eine weitere absolute Höchstfrist von dreißig Jahren ab Entstehung des Anspruchs – im Regelfall der Eintritt des Erbfalls – in § 199 Abs. 3a BGB[184] neu eingeführt worden.

Dieser lautet:

Zitat

(3a) Ansprüche, deren Geltendmachung die Kenntnis der Umstände einer Rechtsnachfolge von Todes wegen oder die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt und die nicht wiederkehrende Leistungen oder Unterhaltsleistungen zum Inhalt haben, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

 

Rz. 126

Ausgenommen sind aber Ansprüche, die regelmäßig wiederkehrende Leistungen oder Unterhaltsleistungen zum Inhalt haben. Das so modifizierte System der Regelverjährung entspricht damit für die von einer ungewissen Erbrechtslage betroffenen Ansprüche im Wesentlichen der bisherigen Sonderverjährung des Pflichtteilsanspruchs gemäß § 2332 Abs. 1 BGB.[185]

Hintergrund dieses Reformvorhabens sei nach dem Gesetzesentwurf die Tatsache, dass das besondere Näheverhältnis im Zeitpunkt des Erbfalls häufig nicht mehr gegeben sein muss. Des Weiteren sei durch den Zwang zur Geltendmachung binnen drei Jahren bei Kenntnis dem Rechtsfrieden besser gedient als durch eine in der Sache nicht gerechtfertigte und zum sonstigen System konträre überlange Sonderverjährung ungeachtet der Kenntnis oder grobfahrlässigen Unkenntnis.

 

Rz. 127

Lediglich für den Erbschaftsanspruch und den Anspruch des Nacherben gegen den Vorerben auf Herausgabe der Erbschaft soll eine Sonderverjährung von dreißig Jahren gemäß den neuen §§ 2018 Abs. 2, 2130 Abs. 3 i.V.m. § 200 BGB gelten.

[183] Vgl. BT-Drucks 16/8954 (Begründung S. 10 f.) – abrufbar im Internet unter: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/089/1608954.pdf.
[184] Vgl. BT-Drucks 16/8954, S. 5 – abrufbar im Internet unter: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/089/1608954.pdf.
[185] Vgl. BT-Drucks 16/8954 (Begründung S. 12) – abrufbar im Internet unter: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/089/1608954.pdf.

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