a) Übergangsvorschriften

 

Rz. 128

Die Übergangsvorschriften[186] sind lediglich hinsichtlich der nachträglichen Ausgleichung bzw. Anrechnung überraschend: Der Erblasser kann alle Zuwendungen und Schenkungen, die er jemals, also auch vor Inkrafttreten dieses Gesetzes gemacht hat, nachträglich auf den Pflichtteil anrechnen lassen. Die Übergangsvorschriften hinsichtlich der Verjährung folgen dem schon vom Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 bekannten Muster. Sie wurden Art. 229 als § 23 EGBGB angefügt. Diese Vorschriften lauten:

Zitat

§ 23 Überleitungsvorschrift zum Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts

(1) Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Verjährung in der seit dem 1.1.2010 geltenden Fassung sind auf die an diesem Tag bestehenden und nicht verjährten Ansprüche anzuwenden. Der Beginn der Verjährung und die Verjährungsfrist bestimmen sich nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der vor dem 1.1.2010 geltenden Fassung, wenn bei Anwendung dieser Vorschriften die Verjährung früher vollendet wird als bei Anwendung der entsprechenden Vorschriften nach Satz 1.

(2) Bestimmen sich der Beginn und die Verjährungsfrist nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der seit dem 1.1.2010 geltenden Fassung, beginnt die Frist nicht vor dem 1.1.2010. Läuft die nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der vor dem 1.1.2010 geltenden Fassung bestimmte Verjährungsfrist früher ab als die Verjährungsfrist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der seit dem 1.1.2010 geltenden Fassung, ist die Verjährung mit Ablauf der Frist nach den vor dem 1.1.2010 geltenden Vorschriften vollendet.

(3) Die Hemmung der Verjährung bestimmt sich für den Zeitraum vor dem 1.1.2010 nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung.

(4) Im Übrigen gelten für Erbfälle vor dem 1.1.2010 die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der vor dem 1.1.2010 geltenden Fassung. Für Erbfälle seit dem 1.1.2010 gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der seit dem 1.1.2010 geltenden Fassung, unabhängig davon, ob an Ereignisse aus der Zeit vor dem Inkrafttreten dieser Vorschriften angeknüpft wird.

[186] Dazu ausführlich: Bonefeld/Lange/Kroiß, Die Erbrechtsreform.

b) Auswirkungen

 

Rz. 129

Hinsichtlich der Neuregelung der Verjährung in Erbsachen verweist der Gesetzgeber auf die Überleitungsvorschrift zum Verjährungsrecht nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz in § 6 Art. 229 EGBGB. Dies bedeutet, dass die neuen Verjährungsvorschriften auf die an dem Tag des Inkrafttretens (den 1.1.2010) bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche Anwendung finden werden. Der Beginn, die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung bestimmen sich jedoch für den Zeitraum vor dem Inkrafttreten (1.1.2010) in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung.

Da die bisherige Verjährungsfrist nach der Altregelung kürzer als nach der Neuregelung ab dem Inkrafttreten ist, wird die kürzere Frist von dem Inkrafttreten (also 1.1.2010) an berechnet. Läuft jedoch die nach der Altregelung Dreißigjahresfrist früher als die nach der Neuregelung (drei Jahre) ab, so ist die Verjährung mit dem Ablauf des 31.12.2009 vollendet.

 

Rz. 130

 

Beispiel

Die Verjährung der Testamentsvollstreckerhaftung nach § 2219 BGB beträgt nach der Altregelung dreißig Jahre. Der Testamentsvollstrecker verstößt im Jahre 2000 gegen § 2216 BGB und könnte in Regress genommen werden. Nach der Altregelung würde er bis zum Jahre 2030 haften. Nach der Neuregelung würde die Haftung drei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes spätestens verjährt sein.

 

Rz. 131

 

Beispiel – Abwandlung

Der Testamentsvollstrecker verstößt im Jahre 1982 gegen § 2216 BGB und könnte in Regress genommen werden. Hier greift noch die Altregelung (Haftung bis 2012), da Verjährung früher als bei der Neuregelung eintritt.

 

Rz. 132

 

Hinweis

Damit ist dem Anwalt zu raten, in seinen Fristenkalender unbedingt einen Vermerk für die alten Fristen hinsichtlich der neuen Regelverjährung in Erbsachen aufzunehmen, d.h. dass spätestens am 31.12.2012 (sofern Kenntnis der Umstände gegeben) Verjährung eintritt.

Zu beachten ist auch, dass sog. "Deckelungsverjährungsfristen"[187] mit einem objektiven Fristbeginn laufen können. Die Verjährung tritt dort nach § 199 Abs. 2 S. 2 BGB mit Ablauf der zuerst vollendeten Frist ein.

 

Rz. 133

Eine Überraschung stellt die Regelung hinsichtlich der Zuwendungen dar, da für Erbfälle, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes eintreten, bereits die neuen Regelungen unabhängig davon gelten sollen, ob an die Ereignisse aus der Zeit vor seinem Inkrafttreten angeknüpft wird. In der Praxis kann der Erblasser bereits ab sofort im Rahmen einer letztwilligen Verfügung eine nachträgliche Anrechnung oder Ausgleichungsanordnungen treffen. Voraussetzung ist lediglich, dass er nach dem Inkrafttreten des Gesetzes verstirbt.

 

Rz. 134

Entsprechendes gilt für die Anwendung der pro rata Regelung auf alle Schenkungen vor Inkrafttreten des Gesetzes. Hat also der Erblasser im Ja...

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