Rz. 141

In der Praxis kommt es häufig zur übersehenen Ablaufhemmung in Nachlasssachen. Danach wird die Verjährung eines Anspruchs, der zu einem Nachlass gehört oder sich gegen einen Nachlass richtet, nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt vollendet,

in welchem die Erbschaft von dem Erben angenommen (§ 1943 BGB) oder
das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird (z.B. mit Einsetzung eines Nachlassvertreters wie Nachlassverwalter gem. § 1975 BGB, Nachlasspflegers gem. § 1960 BGB oder Abwesenheitspflegers gem. § 1911 BGB sowie Testamentsvollstreckers[194] gem. § 2197 ff. BGB) oder
gegen einen Vertreter geltend gemacht werden kann.
 

Rz. 142

Sofern die Verjährungsfrist kürzer als sechs Monate ist, tritt der für die Verjährung bestimmte Zeitraum an die Stelle der sechs Monate. Hintergrund der Vorschrift des § 211 BGB ist, dass kein Gläubiger seinen Anspruch verlieren soll, weil er selbst aufgrund der noch nicht erfolgten Annahme noch keine verjährungshemmende Maßnahmen ergreifen kann. Durch § 211 BGB werden sowohl die Erben als auch Nachlassgläubiger geschützt.

 

Rz. 143

 

Beispiel: Hemmung nach § 211 BGB

Der Erblasser hatte einen Anspruch auf Zahlung von Mietrückständen gegen den Mieter M, die zwei Wochen nach seinem Tod verjähren würden. Durch den Tod des Erblassers tritt wegen § 211 BGB die Verjährung dieses Anspruchs erst in sechs Monaten nach Annahme der Erbschaft durch den Erben ein. Der Erbe kann somit also noch nach Ablauf von 14 Tagen bis zu ca. 7 ½ Monaten (d.h. sechs Monate und sechs Wochen – wegen § 1943 BGB; sofern der Erbe die Erbschaft vor Ablauf der 6 Wochenfrist angenommen hat, kann selbstverständlich nur dieser Zeitraum noch zu den sechs Monaten hinzugerechnet werden) nach Kenntniserlangung von der Erbenstellung verjährungshemmende Maßnahmen einleiten.

 

Rz. 144

Des Weiteren ist auf die Möglichkeit der Ablaufhemmung bei nicht voll Geschäftsfähigen gem. § 210 BGB sowie Hemmung der Verjährung aus familiären und ähnlichen Gründen gem. § 207 BGB hinzuweisen, wenn z.B. die klageweise Geltendmachung nicht zuzumuten ist, weil ansonsten der Familienfrieden gefährdet wird. Anwendungsbereich des § 207 BGB sind insbesondere der Bereich von Ansprüchen zwischen Vormund und Mündel, Betreuer und Betreuten sowie Pfleger und Pflegling bzw. Eltern und deren Kinder.

Die Ablaufhemmung bei nicht voll Geschäftsfähigen gem. § 210 BGB entspricht mit ihrer Sechsmonatsfrist (nach Eintritt der vollen Geschäftsfähigkeit) dem Rechtsgedanken des § 211 BGB.

[194] Für den Fristbeginn beim Testamentsvollstrecker ist der Zeitpunkt der Amtsannahme ausschlaggebend (RGZ 100, 281). Bei den anderen genannten Nachlassvertretern ist auf die gerichtliche Bestellung abzustellen.

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