1. Abweichungen innerhalb von Wohnungen, Übertragung von Nebenräumen
Rz. 102
Eine vom Aufteilungsplan abweichende Bauausführung hat keine Konsequenzen, wenn die "Außengrenzen" der Wohnungen nicht betroffen sind, also insbesondere bei einer vom Aufteilungsplan abweichenden Raumaufteilung. Der Aufteilungsplan dient nur der Abgrenzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum; in ihm enthaltene Nutzungsvorschläge sind unverbindlich (→ § 1 Rdn 3). Deshalb können Einheiten auch (von vornherein oder später) getrennt oder zusammengelegt werden (→ § 4 Rdn 105 f.), sofern nur das Gemeinschaftseigentum dabei nicht verändert wird.
Rz. 103
Eine Variante einer vom Aufteilungsplan abweichenden "Bauausführung" stellt die Übertragung von Teilen eines Sondereigentums dar. Ein Wohnungseigentümer kann einzelne Räume, die zum Sondereigentum seiner Wohnung gehören, ganz oder teilweise einem anderen Wohnungseigentümer übertragen. Die Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer ist dazu nicht nötig; auch können die jeweiligen Miteigentumsanteile unverändert bleiben. Nur wenn sich die Grenzen des Sondereigentums verändern, bedarf es der Vorlage eines neuen Aufteilungsplans mit Abgeschlossenheitsbescheinigung. Das ist aber dann nicht der Fall, wenn "Nebenräume" übertragen werden, die die Abgeschlossenheit der Wohnung nicht berühren, wie z.B. Kellerräume oder eine Garage. Die Änderung im Bestand der zum Sondereigentum gehörenden Räume muss im Grundbuch (nur) auf den Grundbuchblättern der betreffenden Einheiten vermerkt werden.
2. Verschiebung der Grenze zwischen zwei Wohnungen
Rz. 104
Beispiel
Die im Aufteilungsplan vorgesehene Trennwand zwischen den Wohnungen von A und B wird vom (zwischenzeitlich aufgelösten) Bauträger um einige Meter versetzt gebaut, so dass die Wohnung des B entsprechend kleiner ausfällt. – Das Sondereigentum entsteht in den Grenzen des Aufteilungsplans, nicht entsprechend der tatsächlichen Bauausführung. Die rechtliche Grenze verläuft also innerhalb der Wohnung des A, der somit einen Teil des Sondereigentums des B nutzt. A wendet zwar vielleicht ein, B sei gar nicht Eigentümer der räumlich in der Wohnung des A befindlichen Fläche geworden, weil sich der "Auflassungswille" des B beim Erwerb seiner Wohnung auf die ihm nicht bekannte Fläche nicht bezogen habe; die Rspr. nimmt aber zu Recht an, dass B die Wohnung in den rechtlich geltenden Grenzen erwerben wollte. B kann im Ausgangspunkt von der Gemeinschaft als Maßnahme ordnungsgemäßer Erstherstellung die Anpassung der Bauausführung – also die Versetzung der Trennwand – an den Aufteilungsplan verlangen (→ § 6 Rdn 44). Ausnahme: Die Verschiebung der Trennwand ist bautechnisch unmöglich oder so schwierig, dass die Kosten in keinem vernünftigen Verhältnis zum Raumgewinn stehen. Dann können sowohl A als auch B die Anpassung der Teilungserklärung an die tatsächlichen Verhältnisse verlangen. Praktisch wird dieses Vorhaben nur B betreiben, der nämlich einen finanziellen Ausgleich verlangen kann (→ § 1 Rdn 101).
3. Verschiebung der Außengrenzen von Wohnungen (Einbeziehung des Treppenhauses etc.)
Rz. 105
Nicht selten kommt es vor, dass eine Wohnung größer als nach dem Aufteilungsplan vorgesehen ausgeführt wird. Gerne wird z.B. der oberste Absatz von Treppenhäusern als Vorraum der zuoberst gelegenen Wohnung zugeschlagen. Die bauliche Maßnahme stammt manchmal schon vom Bauträger, der damit einem entsprechenden Sonderwunsch des Käufers nachkommt; manchmal nimmt sie auch der Wohnungseigentümer selber später eigenmächtig vor. So oder so besteht das Sondereigentum an der Wohnung nur in den Grenzen des Aufteilungsplans (→ § 1 Rdn 99), erstreckt sich also nicht auf die bauliche Erweiterung. Hat der "begünstigte" Wohnungseigentümer die Veränderung selber vorgenommen, ist er der Gemeinschaft zur Herausgabe und zum Rückbau verpflichtet, ansonsten zur Duldung des Rückbaus (→ § 4 Rdn 149).
4. Völlig abweichende Bauausführung
Rz. 106
Beispiel
Eine Mehrhausanlage wird als Einfamilienhaus und Doppelhaus geplant. Laut Teilungserklärung und Aufteilungsplan sollen die Häuser, an denen Sondereigentum begründet wird, wie real geteilte Grundstücke behandelt werden; jeder kann sein Sondereigentum nach Belieben umbauen. Das im Sondereigentum des A stehende Einfamilienhaus wird planmäßig gebaut. Das Eigentum an dem noch zu errichtenden Doppelhaus erwirbt B, der in der Folgezeit ein Gebäude in ganz anderer Ausführung errichtet, als es nach dem Aufteilungsplan vorgesehen ist. B verklagt A auf Mitwirkung an der Anpassung der Teilungserklärung, A verlangt widerklagend den Rückbau des von B errichteten Hauses.
Im Ausgangspunkt hat A zwar einen Anspruch auf Beseitigung des aufteilungsplanwidrigen baulichen Zustands; dieser Anspruch ist hier aber nach Treu und Glauben ausgeschlossen. B hätte sein Haus auch nach einer eventuellen aufteilungsplangemäßen Erstherstellung ohne Zustimmung des A entsprechend der jetzigen Ausführung umbauen können; außerd...