Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
I. Rechtsanwälte und Notare
Rz. 19
Die anwaltlichen Berufsorganisationen haben den Kampf um ihr früheres Privileg der Testamentsvollstreckung aufgegeben. In der öffentlichen Diskussion um die Liberalisierung des Rechtsberatungsmarktes durch das Rechtsdienstleistungsgesetz gab es zwar viele Stimmen, die sich dagegen wandten, dass Kfz-Werkstätten, die einen Unfallschaden zu reparieren hatten, auch die Schadensabwicklung mit der Versicherung übernehmen sollten. Im Bereich der im Einzelfall typischerweise sehr viel bedeutenderen Testamentsvollstreckung wurden nur selten Stimmen laut, die sich gegen die vollständige Freigabe der geschäftsmäßigen Testamentsvollstreckung wandten. Rechtsanwälte, die sich im Bereich der Testamentsvollstreckung fortbildeten, mussten in manchen Kammerbezirken sogar mit Aufsichtsmaßnahmen rechnen. Augenscheinlich sollte sich der Rechtsanwalt das Geschäftsfeld der Haftpflichtprozesse gegen Testamentsvollstrecker erschließen.
Rz. 20
Die Notare äußern sich in der Öffentlichkeit zu der Thematik so gut wie nicht. Dies hängt sicherlich damit zusammen, dass sie nach §§ 27, 7 Nr. 1 BeurkG einem Verbot zu Übernahme von Testamentsvollstreckungen unterliegen, wenn sie selbst die letztwillige Verfügung beurkundet haben. Darüber hinaus besteht für Notare gemäß § 29 BNotO ein sehr restriktives Werbeverbot, dessen Verfassungsmäßigkeit außer Frage steht. Über die Möglichkeit des privatschriftlichen Ergänzungstestamentes, das sogar mit der notariell errichteten letztwilligen Verfügung – sofern diese die Person des Testamentsvollstreckers offen lässt – verbunden werden kann, haben auch Notare die Möglichkeit, das Geschäftsfeld der Testamentsvollstreckung für sich zu erschließen. Daneben verbleibt weiterhin die in der Praxis durchaus nicht selten genutzte Möglichkeit, die Testamentsvollstreckung durch geeignete Mitarbeiter des Notariats durchführen zu lassen.
II. Kreditwirtschaft
Rz. 21
Bei den Kreditinstituten ist keine einheitliche Linie auszumachen. Die wenigen Institute, welche die Testamentsvollstreckung schon vor den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs betrieben, fühlten sich bestätigt und gingen das Geschäftsfeld offensiver an. Die übrigen Institute zeigen sich zwar interessiert und schicken ihre Mitarbeiter zu Fortbildungsveranstaltungen, bleiben in der praktischen Umsetzung aber zunächst sehr zurückhaltend. Die bei großen Unternehmen typischen Ängste vor einem nicht zu bewältigenden administrativen Aufwand, vor dem Controlling, vor der Haftung und internem Kompetenzgerangel werden als Gründe ausgemacht. In den vergangenen etwa zehn Jahren – sicherlich nicht zuletzt beeinflusst durch den Rückgang mancher klassischer Geschäftsmodelle, aber sicherlich auch als Folge entsprechender Nachfrage seitens der Kunden – ist ein deutlicher Wandel zu beobachten. Mittlerweile bieten auch kleinere Institute Testamentsvollstreckungen durch entsprechend ausgebildete Mitarbeiter an. Es wird von Instituten berichtet, die innerhalb weniger Jahre eine dreistellige Zahl an (künftigen) Testamentsvollstreckungen aufgebaut haben.
III. Sonstige Dienstleister nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz
Rz. 22
Nicht verkammerte Dienstleister, die sich der geschäftsmäßigen Testamentsvollstreckung annehmen, unterliegen keinerlei Ausbildungs- und Fortbildungsnachweispflichten. Sie unterliegen auch keinem speziellen Werbeverbot. Nicht sachbezogene Werbung für die Dienstleistung der Testamentsvollstreckung ist damit erfahrungsgemäß möglich. Die geschäftsmäßige Testamentsvollstreckung unterliegt keinerlei Versicherungspflicht. Es gibt keine ehrengerichtlichen Sanktionsmechanismen. "Rechtsrat vom Bestatter?" betitelte ein bekanntes Nachrichtenmagazin seinerzeit seine Berichterstattung zum Rechtsdienstleistungsgesetz. Schon jetzt bietet dieses Gewerbe neben Grabpflegeverträgen vielfach Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen an. Im Internet finden sich Präsentationen von Bestattern, die sich für "weitergehende Aufgaben" wie "Testamentsvollstreckung" empfehlen. Als "Ergänzung" zur Lebens- oder Sterbeversicherung erscheint die Dienstleistung auch für die Versicherungswirtschaft naheliegend.