Prof. Dr. Martin Henssler, Dr. Sebastian Krülls
Rz. 27
Bereits vor Inkrafttreten der Reform zum 1.4.2017 sah die Bundesregierung ersten Nachbesserungsbedarf. So hatte das BAG im Februar 2017 die Gestellung von Mitgliedern der DRK-Schwesternschaft an private Kliniken, die nicht vom DRK betrieben werden, als Arbeitnehmerüberlassung qualifiziert. Zwar sind Mitglieder der DRK-Schwesternschaft nach bisheriger Rechtsprechung des BAG auf vereinsrechtlicher, also nicht auf arbeitsrechtlicher Grundlage für die Schwesternschaft tätig. Bei einer Überlassung an ein privates Unternehmen spielt dieser Umstand aber keine Rolle, da der EuGH kurz zuvor entgegen bisherigem nationalen Verständnis entschieden hatte, dass der Leiharbeitnehmerbegriff der dem AÜG zugrunde liegenden Leiharbeitsrichtlinie RL 2008/104/EG autonom und damit weit auszulegen sei (dazu § 5 Rdn 30).
Die bereits im Gesetzgebungsverfahren geäußerte Forderung des DRK eine Anwendungsbereichsausnahme für die Mitglieder, Verbände und Gliederungen der Nationalen Gesellschaft des Roten Kreuzes i.S.d. § 1 S. 1 DRK-Gesetz durch Erweiterung des § 1 Abs. 3 AÜG vorzusehen, fand keine ausreichende Unterstützung.
Bereits kurz nach der Entscheidung des BAG verständigte sich die Bundesregierung aber mit dem DRK darauf, (zumindest) eine Sonderregelung für die Höchstüberlassungsdauer einzuführen. So wurde kurzfristig im Gesetzgebungsverfahren zum "Gesetz über den Abschluss der Rentenüberleitung" eine Änderung des DRK-Gesetzes mitbeschlossen. Der Sonderweg wurde durch § 2 Abs. 4 DRK-Gesetz zum 25.7.2017 umgesetzt, nach welchem für die Gestellung von Mitgliedern einer DRK-Schwesternschaft die Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten nicht anwendbar ist. Die Sonderbehandlung wird aufgrund von Zweifeln an der Vereinbarkeit mit der Leiharbeitsrichtlinie kritisiert.