Rz. 268
Der Zeitraum zwischen der Stellung des Antrages auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses und der Zustellung an den Drittschuldner nimmt naturgemäß einige Zeit in Anspruch und kann im Einzelfall zu Nachteilen des Gläubigers führen.
Rz. 269
Der Schuldner kann z.B. bis zur Zustellung des Pfändungsbeschlusses über sein Arbeitseinkommen verfügen, indem er es einzieht oder abtritt. Weiterhin möglich ist die Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses eines anderen Gläubigers an den Drittschuldner und Schuldner. Nach dem im Zwangsvollstreckungsverfahren geltenden Prioritätsprinzip wird immer derjenige Gläubiger zuerst befriedigt, dessen Pfändungsbeschluss dem Drittschuldner zuerst zugestellt wurde. Um eine vorzeitige Beschlagnahme der gepfändeten Forderung zu erreichen, kann der Gläubiger aufgrund eines vollstreckbaren Schuldtitels durch den Gerichtsvollzieher dem Drittschuldner und dem Schuldner eine Vorpfändungsverfügung zustellen lassen (§ 845 ZPO). Gleichzeitig ist der Drittschuldner aufzufordern, nicht mehr an den Schuldner zu zahlen, und dem Schuldner wird jede Verfügung über die Forderung, insbes. ihre Einziehung, verboten.
Rz. 270
Der Gerichtsvollzieher hat die Benachrichtigung mit den Aufforderungen selbst anzufertigen, wenn er von dem Gläubiger hierzu ausdrücklich beauftragt worden ist, § 845 Abs. 1 S. 2 ZPO. Der Gerichtsvollzieher prüft und entscheidet insoweit nach freiem Ermessen, wenn er im Rahmen seines sonstigen Vollstreckungsauftrags pfändbare Ansprüche erkennt.
Rz. 271
Diese Vorpfändungsverfügung (vorläufiges Zahlungsverbot) ist eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung, die der Gläubiger jedoch in eigener Regie durchführen lassen kann. Die Aufforderungen an den Drittschuldner und den Schuldner muss der Gläubiger im Parteibetrieb durch den Gerichtsvollzieher zustellen lassen.
Rz. 272
Eine dem Drittschuldner ohne Mitwirkung des Gerichtsvollziehers zugegangene Pfändungsbenachrichtigung stellt eine unwirksame Scheinvollstreckung dar. Eine Benachrichtigung nur durch Boten ist wirkungslos.
Rz. 273
Zur Wirksamkeitsvoraussetzung ist nur die Zustellung an den Drittschuldner erforderlich. Die Zustellung an den Schuldner empfiehlt sich jedoch im Hinblick auf die Kenntnis von dem Einziehungsverbot.
Rz. 274
Voraussetzungen für eine wirksame Vorpfändung sind:
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die Existenz eines vollstreckbaren Schuldtitels gegen den Schuldner, |
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der Bedingungseintritt nach § 726 Abs. 1 ZPO, |
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der Annahmeverzug bzw. das Leistungsangebot bei einer Zug-um-Zug-Verurteilung nach § 765 ZPO, |
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die genaue Bezeichnung von Gläubiger, Schuldner, Schuldtitel und zu beschlagnahmender Forderung (die der Vorpfändung dienende Benachrichtigung des Drittschuldners muss die Forderung, deren Pfändung angekündigt wird, ebenso eindeutig bezeichnen wie die Pfändung der Forderung selbst), |
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die Zustellung an den Drittschuldner, |
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die Aufforderung an den Drittschuldner, nicht mehr an den Schuldner zu zahlen gem. § 845 Abs. 1 S. 1 ZPO. |
Rz. 275
Nicht erforderlich ist bei Erlass der Vorpfändungsverfügung,
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dass der Gläubiger im Besitz des vollstreckbaren Schuldtitels ist, |
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dass der Titel bereits für vollstreckbar erklärt ist, d.h. mit der Klausel versehen ist, |
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die Zustellung des Vollstreckungstitels an den Schuldner, |
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der Nachweis der Sicherheitsleistung gem. § 751 Abs. 2 ZPO (Argument: Sicherheitsvollstreckung nach § 720a ZPO), |
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der Ablauf der Wartefristen gem. §§ 750 Abs. 3, 798 ZPO, |
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die Zustellung der Vorpfändungsverfügung an den Schuldner (jedoch empfehlenswert). |