Rz. 276
Die Vorpfändung hat die Wirkung eines Arrests (§ 930 ZPO), sofern die Pfändung der Forderung innerhalb eines Monats bewirkt wird. Die rangwahrende Arrestwirkung beschränkt sich im Fall einer weiter gehenden endgültigen Pfändung nur auf die vorgepfändeten Forderungen. Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Vorpfändungsbenachrichtigung dem Drittschuldner zugestellt wurde (§ 845 Abs. 2 S. 2 ZPO). Die Wirkung der Arrestpfändung tritt aber nur dann ein, wenn die Pfändung binnen eines Monats tatsächlich nachfolgt. Betreibt der Gläubiger nicht unverzüglich die Pfändung und verstreicht daher die Frist des § 845 Abs. 2 ZPO, ist die Vorpfändung sinnlos und sind die Kosten nicht zu ersetzen.
Rz. 277
Allerdings wirkt die Vorpfändung immer nur gegen den konkreten Schuldner. Unterhält z.B. der Schuldner zusammen mit einem weiteren Berechtigten bei einer Bank ein Oder-Konto und erwirkt der Gläubiger gegen ihn eine Vorpfändung nach § 845 ZPO, ist die Bank bis zur Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht gehindert, das Guthaben auf Verlangen des weiteren Berechtigten mit befreiender Wirkung an diesen auszuzahlen.
Rz. 278
Beantragt ein Rechtsanwalt für seinen Mandanten in Vollzug eines vorläufigen Zahlungsverbots den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, hat er gegenüber dem Vollstreckungsgericht auf den drohenden Ablauf der Vollzugsfrist des § 845 Abs. 2 ZPO hinzuweisen und eine ausreichende Fristenkontrolle durchzuführen, andernfalls macht er sich schadensersatzpflichtig.
Rz. 279
Wird die Pfändung rechtzeitig erwirkt, wirkt diese auf den Zeitpunkt der Zustellung der Vorpfändungsbenachrichtigung zurück. Eine Verfügung des Schuldners über die gepfändete Forderung nach dem Zeitpunkt der Zustellung der Vorpfändung und vor der nachfolgenden Pfändung ist dem Gläubiger gegenüber unwirksam.
Rz. 280
Eine wiederholte Vorpfändung ist jederzeit zulässig. In der Praxis kommt es vor, dass die Monatsfrist, gerechnet von der Zustellung der Vorpfändungsbenachrichtigung an den Drittschuldner, nicht ausreicht, um den nachfolgenden Pfändungs- und Überweisungsbeschluss rechtzeitig zu erwirken und zustellen zu lassen. Der Gläubiger ist dann berechtigt, eine erneute Vorpfändungsbenachrichtigung fertigen und zustellen zu lassen. Bei Wiederholung der Vorpfändung läuft jedoch die Monatsfrist jeweils neu. Hat ein anderer Gläubiger vor der wiederholten Vorpfändung einen Pfändungsbeschluss erwirkt und diesen dem Drittschuldner zustellen lassen, ist seine Pfändung nunmehr vorrangig.
Rz. 281
Hat der Arbeitgeber als Drittschuldner aufgrund einer zugestellten Vorpfändungsbenachrichtigung den pfändbaren Anteil des Arbeitslohns einbehalten, erfasst eine wiederholte Vorpfändung auch diesen Teil des Arbeitslohns, sofern dieser an den Schuldner noch nicht ausgezahlt wurde.
Rz. 282
Die Vorpfändung eines Steuererstattungsanspruchs ist mit der vom Gerichtsvollzieher bewirkten Zustellung des die Vorpfändung enthaltenden Schreibens i.S.d. § 46 Abs. 6 AO "erlassen". Demgemäß hatte auch bereits das LG Essen entschieden.
Rz. 283
Rz. 284
Hinweis zur Insolvenz
Unwirksam ist ein vorläufiges Zahlungsverbot nach § 845 ZPO, welches nach Insolvenzeröffnung zugestellt wird, hierin liegt ein Verstoß gegen § 89 Abs. 1 ZPO.
Rz. 285
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirkt bzgl. Zwangsvollstreckungen bis zu einem Monat bzw. bei Verbraucherinsolvenzen bis zu drei Monate vor der Antragstellung auf Eröffnung des Verfahrens zurück, § 88 Abs. 1 und 2 InsO. Strittig wurde bisher die Frage beantwortet, ob eine schon vor der "kritischen" Zeit ausgebrachte Vorpfändung, der eine Hauptpfändung innerhalb der Monatsfrist des § 845 Abs. 2 ZPO nachfolgt, dazu führt, dass die Hauptpfändung wirksam bleibt. Im Rahmen einer Anfechtungsklage stellte der BGH fest, dass sich die Anfechtung einer Vorpfändung, die früher als drei Monate vor Eingang des Insolvenzantrags ausgebracht wurde, während die Hauptpfändung dagegen in den von § 131 InsO erfassten Bereich fällt, insgesamt nach der Vorschrift des § 131 InsO richtet. Im Rahmen dieser Entscheidung trifft der BGH auch die Aussage, dass die außerhalb der "kritischen" Zeit ausgebrachten Vorpfändungen noch kein nach § 50 Abs. 1 InsO insolvenzgeschütztes Sicherungsrecht begründen, weil sie nur Teil mehraktiger Rechtshandlungen sind und die Erfüllung der letzten Teilakte dieser Rechtshandlungen in die gesetzliche Krise fällt. Eine vor der kritischen Zeit ausgebrachte Vorpfändung kann daher einer nachfolgenden Pfändung nicht zu Wirksamkeit verhelfen.