a) Einmalige Forderungen
Rz. 195
Außer der Aufrechnungserklärung scheitert die Pfändung in der Praxis oftmals daran, dass dem Pfändungsgläubiger vorrangige Abtretungsvereinbarungen entgegengehalten werden. Hat der Schuldner den pfändungsfreien Betrag seines Arbeitseinkommens in zulässiger Weise abgetreten, geht die frühere Abtretung der späteren Pfändung vor. Diese Lohn- bzw. Gehaltsabtretungen werden insbes. von Kreditinstituten, Lebensversicherungen oder Bausparkassen zu weiteren Sicherungszwecken verlangt.
Rz. 196
Hinweis
Auch hier ist dem Gläubiger in jedem Fall zu raten, sich eine Kopie der Lohnabtretung vorlegen zu lassen. Der Schuldner ist zur Herausgabe verpflichtet (s. Rdn 171 ff.).
Rz. 197
Es kann durchaus vorkommen, dass sich eine solche Abtretung als Scheinabtretung herausstellt, um den pfändungsfreien Betrag vor Gläubigerzugriffen zu schützen. In den vorgedruckten Texten bei Geldinstituten kann es vorkommen, dass dem Schuldner, der seine Forderung zu weiteren Sicherungszwecken abgetreten hatte, wiederum eine Einziehungsermächtigung zur Inanspruchnahme der abgetretenen Bezüge im eigenen Namen und für eigene Zwecke erteilt wird, solange der Sicherungsfall nicht eingetreten ist. Eine solche Abtretung ist sittenwidrig und unwirksam.
Rz. 198
Weiterhin muss eine Vorausabtretung künftiger Lohnanteile auch der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB standhalten, um wirksam zu sein und damit den Vorrang vor einer späteren Pfändung begründen zu können.
Rz. 199
Wird dem Drittschuldner nach einer wirksamen Forderungspfändung eine Abtretungsurkunde des Vollstreckungsschuldners vorgelegt, die auf einen Zeitpunkt vor der Pfändung rückdatiert, tatsächlich aber erst nach der Pfändung ausgestellt ist, wird er weder nach § 408 noch nach § 409 BGB gegenüber den Vollstreckungsgläubigern von der Leistungspflicht frei, wenn er im Vertrauen auf die Urkunde und in Unkenntnis des zeitlichen Vorrangs der Pfändung an den in der Urkunde bezeichneten Abtretungsempfänger zahlt. Ist die Forderung jedoch wirksam zeitlich vor der Pfändung abgetreten worden, geht die Pfändung ins Leere. Die Pfändung lebt auch nicht wieder auf, wenn die zu Sicherungszwecken abgetretene Forderung nach Erledigung des Sicherungszwecks wieder an den Schuldner abgetreten wird.
Rz. 200
Wird die Pfändung gegenüber dem Drittschuldner zunächst wirksam und wird diesem dann ein Abtretungsvertrag vorgelegt, der zeitlich vor der Pfändung liegt, muss der Drittschuldner ab dem nächsten Zahltag die wirksame Abtretung beachten. Das gilt zunächst für einmalige Forderungen.
b) Laufende Forderungen
Rz. 201
Die Tatsache, dass die einmal ins Leere gegangene Pfändung nicht wieder auflebt, wird bei der Lohnpfändung angezweifelt. Die Pfändung in den Anspruch des Schuldners auf Auszahlung des Arbeitslohns gegenüber dem Drittschuldner erstreckt sich nicht nur auf die nächstfällige Auszahlung des Lohns, sondern erfasst auch das zukünftige Arbeitseinkommen solange, bis die Gläubigerforderung getilgt ist (§ 832 ZPO). Hieraus wird der Schluss gezogen, dass bei Vorliegen einer wirksamen Abtretung die nachfolgende Pfändung zunächst wirksam ist. Zahlungen an den Gläubiger können aber erst dann erfolgen, wenn die Zahlungen aufgrund der vorrangigen Abtretung eingestellt werden.
Rz. 202
In diese Richtung hatte bereits das LAG Hamm entschieden. Der "ins Leere gehende" und daher nicht vollziehbare Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist nicht völlig wirkungslos. Seine Wirkungen hängen vielmehr von der Entstehung des gepfändeten Rechts ab. Im Hinblick auf die besondere Ausgestaltung der Lohnpfändung in §§ 832, 833 ZPO bedarf es keiner ausdrücklichen Erstreckung auf künftige Lohnforderungen aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis.
Rz. 203
Diese Argumentation hat das BAG in seiner Entscheidung v. 17.2.1993 weitergeführt. Das BAG stellt die bis dahin vertretene Auffassung infrage, ob bei der Pfändung von Arbeitseinkommen der Schuldner im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Pfändung Inhaber der gepfändeten Forderung sein muss. Zunächst wird bestätigt, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss keine vollstreckungsrechtlichen Wirkungen entfaltet, wenn die gepfändete Forderung im Zeitpunkt der Pfändung abgetreten war. Auch die spätere Rückabtretung der fälligen Forderung führt nicht zur Entstehung eines Pfändungspfandrechts. Für die Pfändung von fortlaufendem Arbeitseinkommen hebt das BAG jedoch die spezielle Vorschrift § 832 ZPO hervor und führt im LS der Entscheidung aus:
Zitat
"Werden künftige, fortlaufende Vergütungsansprüche eines Schuldner...