Rz. 239

Diese eingeschränkte Auskunftspflicht des Drittschuldners hilft weder dem Gläubiger noch dem Schuldner, noch belastet sie den Drittschuldner in ungebührlicher Weise. Insbes. bei der Pfändung von Arbeitseinkommen kann sich der Gläubiger nur dann ein umfassendes Urteil über die Möglichkeiten der Forderungsbefriedigung oder der weiteren Vollstreckung bilden, wenn der Arbeitgeber den pfändbaren Betrag richtig berechnet und auch die für die Berechnung erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände mitteilt. Der Gläubiger sollte dem Drittschuldner immer nachfolgende Einzelfragen stellen:

Welchen Bruttolohn verdient der Arbeitnehmer?
Welcher Nettolohn ergibt sich?
Welchen Personen gegenüber ist der Arbeitnehmer unterhaltspflichtig?
Liegen über die Unterhaltspflicht vollstreckbare Titel vor?
Kommt der Schuldner seiner Unterhaltspflicht tatsächlich nach?
Welcher Betrag des Nettolohns ist unpfändbar?[361]
 

Rz. 240

Auch wenn nach der derzeit vorherrschenden Meinung der Drittschuldner zu einer solch umfassenden Auskunftspflicht nicht gezwungen werden kann, sollte der Gläubiger den Drittschuldner bitten, diese Auskunft zumindest freiwillig zu erteilen und ihn auch ggf. auf eine eventuelle Schadensersatzpflicht gem. § 840 Abs. 2 ZPO hinweisen.[362] Kommt der Drittschuldner der Auskunftspflicht freiwillig nach, müssen die Angaben auch der Wahrheit entsprechen. Für eine falsche oder unvollständige Erklärung haftet der Drittschuldner.[363]

 

Rz. 241

Ändern sich die Verhältnisse des Schuldners nach der Pfändung, muss der Drittschuldner grds. keine weitere Auskunft dem Gläubiger gegenüber erteilen. Es ist davon auszugehen, dass der Drittschuldner, insbesondere der Arbeitgeber, bei Erhöhung oder Verminderung des Arbeitseinkommens die erneute Berechnung korrekt vornimmt. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn Änderungen in den Familienverhältnissen hinsichtlich der Unterhaltsverpflichtung des Schuldners eintreten. Es ist nicht unbedingt ein Änderungsbeschluss gem. § 850g ZPO erforderlich, familienrechtliche Änderungen des Schuldners kann der Drittschuldner auch bei Kenntnis bereits direkt berücksichtigen. Hierüber sollte er allerdings den Gläubiger unbedingt informieren.

 

Rz. 242

Selbstverständlich kann der Gläubiger den Drittschuldner auch wiederholt zur Auskunftserteilung auffordern. Bei der Pfändung einer zukünftigen Forderung wird dies regelmäßig unumgänglich sein. Der Drittschuldner kann sich aber damit begnügen, lediglich mitzuteilen, dass Änderungen derzeit nicht eingetreten sind. Eine umfassende Erklärungspflicht wie nach Zustellung des Pfändungsbeschlusses besteht im weiteren Verlauf der Pfändung nicht.[364]

[361] Vgl. hierzu Grunau, JurBüro 1962, 243, 244; Grunau, JurBüro 1961, 269; Hintzen, ZAP 1991, Fach 14, S. 811; Behr, JurBüro 1994, 132 und 1998, 626.
[362] So Mümmler, JurBüro 1986, 330, 335, 336.
[363] Mümmler, JurBüro 1986, 330, 335, 336 m.w.N.
[364] BGH v. 1.12.1982 – VIII ZR 279/81, NJW 1983, 687; OLG Köln v. 10.7.1981 – 20 U 11/81, ZIP 1981, 964.

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