Rz. 39
Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wird, wie alle anderen Vollstreckungsmaßnahmen auch, nur auf Antrag des Gläubigers erlassen. Auf der Grundlage von § 758a Abs. 6 und § 829 Abs. 4 ZPO hat das BMJ ein Formular für den Antrag auf Erlass einer richterlichen Durchsuchungsanordnung und Formulare für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses eingeführt. Diese Formulare wurden ab dem 1.3.2013 verbindlich (noch gültig bis 30.11.2023, zur Neuregelung s. zuvor Rdn 5 "Aktuell").
Rz. 40
Im Falle begründeter Zweifel an der willentlichen und ernsthaften Beantragung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ist die eigenhändige Unterzeichnung des Antrages durch den Prozessbevollmächtigten zu verlangen. Eine eingescannte Unterschrift ist in diesem Fall nicht ausreichend. Angesichts der unstreitigen Vielzahl von gleichgelagerten Fällen, die es erlauben, die Verfahren der Gläubigerin als Massenverfahren zu bezeichnen, ist die eigenhändige Unterzeichnung der Antragsschrift durch die Gläubigerin bzw. deren Prozessbevollmächtigte zu verlangen, um die Ernsthaftigkeit und Sorgfalt der Antragstellung feststellen zu können. Bei der Forderungspfändung hat das Vollstreckungsgericht festzustellen, ob ein gestellter Antrag ernstlich so gewollt ist. Auch die eigenhändige Unterschrift auf der Beschwerdeschrift vermag nach Ansicht des LG Stuttgart diesen Mangel nicht zu heilen, wenn sie ebenfalls gänzlich unleserlich ist, offenkundig nicht mit der eingescannten Unterschrift übereinstimmt, damit von einer anderen Person als dem Urheber der eingescannten Unterschrift sein kann.
Der Mangel der Vorlage einer Vollmacht beim Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses durch einen Inkassodienstleister kann geheilt werden. Der Verfahrensfehler führt nicht zur Nichtigkeit, sondern nur zur Anfechtbarkeit. Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht geboten, kann sich der Gläubiger durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen; es gelten dann die §§ 80 ff. ZPO, insbesondere auch § 88 Abs. 2 ZPO (Prüfung der Vollmacht von Amts wegen, es sei denn, es tritt ein Rechtsanwalt auf). Soweit der Vertreter des Gläubigers im Titel als Prozessbevollmächtigter aufgeführt ist, genügt dies als Nachweis der Vollmacht (vgl. auch § 31 Abs. 3 S. 4 GVGA). Soweit eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht geboten ist, kann sich die Partei u.a. auch durch einen Inkassodienstleister vertreten lassen, § 79 Abs. 2 Nr. 4 ZPO, insb. im Verfahren der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das bewegliche Vermögen. Die Legaldefinition der Rechtsdienstleistung ergibt sich aus § 2 Abs. 2 RDG (i.d.F. vom 1.10.2021). Mit der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das bewegliche Vermögen sind sowohl die Sachpfändung als auch die Forderungspfändung (einschließlich dem Erlass einer Vorpfändung nach § 845 ZPO) erfasst. Weiter gilt die Befugnis für das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft einschließlich Beantragung eines Haftbefehls, für Rechtspfändungen nach §§ 857, 859 ZPO oder für die Abnahme von eidesstattlichen Versicherungen nach § 836 Abs. 3 S. 2 ZPO. Nicht umfasst sind alle Arten der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, § 866 Abs. 1 ZPO (Zwangsversteigerung, Zwangsverwaltung oder der Antrag auf Eintragung einer Sicherungshypothek).
Das vereinfachte Verfahren nach § 829a ZPO ohne Übersendung einer Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids, das nur zulässig ist, wenn die Vorlage anderer Urkunden als der Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids nicht vorgeschrieben ist, steht nur den Gläubigern selbst und Rechtsanwälten zur Verfügung. Inkassounternehmen als Bevollmächtigte sind hiervon ausgeschlossen. Denn nach § 80 Abs. 1 S. 1 ZPO ist von Bevollmächtigten stets eine schriftliche Vollmacht (also eine "andere Urkunde") zu den Gerichtsakten zu reichen. Nur wenn als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt, ist das Gericht nach § 88 Abs. 2 ZPO nicht von Amts wegen gehalten, den Nachweis der Prozessvollmacht zu verlangen."
Rz. 41
Nach §§ 4 und 5 ZVFV (Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung vom 16.12.2022) gilt: In Papierform eingereichte Formulare können zur elektronischen Weiterverarbeitung der Daten elektronisch ausgelesen werden. Die Länder sind befugt, die Voraussetzungen hierfür festzulegen. Die Länder dürfen die Formulare als strukturierte Datensätze zum Zweck der Übermittlung an Gerichtsvollzieher oder Gerichte bereitstellen (§ 130a ZPO i.V.m. § 1 ERVV).
Rz. 42
Die amtlichen Formulare haben von Anfang an zu enormen praktischen Umsetzungsproblemen geführt. Der BGH hat in seinem Beschl. v. 13.2.2014 mit erstaunlicher Deutlichkeit festgestellt:
1. |
Die den Formularzwang für Anträge auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses regelnden Rechtsnormen können verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass der Gläubiger vom Formularzwang entbunden ist, soweit das Formular unvollständig, unzutreffend, fehlerhaft oder missverständlich ist. |
2. |
In diesen, seinen Fal... |