Rz. 5

§ 309 Nr. 9 BGB erfasst nur Dauerschuldverhältnisse[11] – allerdings nicht alle, sondern solche, die die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen zum Gegenstand haben – wie bspw. Verträge eines Verbrauchers mit Mobilfunkanbietern, Streamingdiensten, Fitnessstudios,[12] Stromlieferanten mit Online-Partnerbörsen sowie Zeitungs-Abos. Nicht erfasst werden damit aber Wohnraummietverträge, Arbeitsverträge, Versicherungsverträge oder Gebrauchsüberlassungsverträge.[13]

 

Rz. 6

Insoweit gilt nunmehr, dass

die Kündigungsfrist bei Verträgen mit fester Laufzeit über die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienstleistungen nicht länger als ein Monat vor Ablauf der Mindestlaufzeit sein darf und
eine stillschweigende Verlängerung um eine weitere Mindestlaufzeit ausgeschlossen ist (Verbot von Verlängerungsklauseln in AGB).
 

Beachte

Hingegen ist eine automatische Umwandlung des Dauerschuldverhältnisses in einen Vertrag mit unbestimmter Laufzeit zulässig. Dieser kann dann aber jederzeit – mit ­einer Frist von höchstens einem Monat – gekündigt werden.

 

Rz. 7

Die Reform ist nach Ansicht des Gesetzgebers erforderlich, weil die bisherigen Beschränkungen bei Laufzeiten nicht mehr sachgerecht sind, da heute kaum noch Verträge mit günstigen Konditionen abgeschlossen werden können, die keine Mindestlaufzeit von zwei Jahren einschließlich automatischer Vertragsverlängerung vorsehen.[14] Durch zu lange Laufzeiten werde der Verbraucher dauerhaft gebunden, was ein Wettbewerbshemmnis darstelle.[15] Die Neuregelung soll einen Wechsel zu anderen Vertragsbedingungen und Anbietern erleichtern[16] (Nutzung von Marktchancen durch Verbraucher).[17]

[11] HK-BGB/Schulte-Nölke, § 309 Rn 43.
[12] Von "Ungerechtigkeiten" und "Abgrenzungsschwierigkeiten" im Einzelfall sprechen Brönneke/Föhlisch/Tonner/Buchmann/Panfili, Das neue Schuldrecht, § 7 Rn 16: "sind etwa ein Vertrag in einem Tanzstudio oder über Yogastunden mit einem Fitnessstudiovertrag vergleichbar?"
[13] Brönneke/Föhlisch/Tonner/Buchmann/Panfili, Das neue Schuldrecht, § 7 Rn 16.
[14] RegE, BT-Drucks 19/30840, S. 12.
[15] RegE, BT-Drucks 19/26915, S. 30.
[16] RegE, BT-Drucks 19/30840, S. 14.
[17] RegE, BT-Drucks 19/26915, S. 1.

1. Mindestvertragslaufzeit von bis zu zwei Jahren

 

Rz. 8

Nach § 309 Nr. 9 Halbsatz 1 Buchst. a BGB kann – wie bisher – auch in AGB eine Mindestvertrags-[18] (Höchst-)laufzeit von bis zu zwei Jahren vereinbart werden. Vertragslaufzeiten mit einer Bindung des Verbrauchers von mehr als zwei Jahren bleiben damit weiter verboten.[19] Eine weitergehende Konditionierung in Bezug auf die Modalitäten einer Vertragsverlängerung ist nicht erfolgt.

[18] Wenn dies für den Verbraucher auch nachteilig erscheint, darf nicht übersehen werden, dass "gerade bei Mobilfunkverträgen der Verbraucher sein Endgerät über die Vertragslaufzeit mitfinanziert. Kurze Vertragslaufzeiten hätten zwingend zur Folge, dass ein Verbraucher entweder mit Vertragsschluss eine hohe Einmal-Zahlung oder alternativ vergleichsweise deutlich höhere monatliche Raten bezahlen müsste": Brönneke/Föhlisch/Tonner/Buchmann/Panfili, Das neue Schuldrecht, § 7 Rn 18.
[19] Brönneke/Föhlisch/Tonner/Buchmann/Panfili, Das neue Schuldrecht, § 7 Rn 18.

2. Stillschweigende Vertragsverlängerung

 

Rz. 9

Allerdings ist im Verbraucherschutzinteresse die stillschweigende (automatische) Verlängerung von Dauerschuldverhältnissen eingeschränkt worden (während bislang eine formularmäßige Vereinbarung einer stillschweigenden Verlängerung des Vertragsverhältnisses um höchstens ein Jahr zulässig war).

Bei einem Vertragsverhältnis, das die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen durch den Verwender zum Gegenstand hat, ist gemäß § 309 Nr. 9 Halbsatz 1 Buchst. b BGB – auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist – eine den anderen Vertragsteil bindende stillschweigende Verlängerung des Vertragsverhältnisses in AGB grundsätzlich unwirksam (Grundsatz).

 

Rz. 10

Etwas anderes – i.S. einer sehr eingeschränkten Möglichkeit, Verträge doch stillschweigend zu verlängern (eingeschränkte Ausnahmemöglichkeit) – gilt, wenn

das Vertragsverhältnis nur auf unbestimmte Zeit verlängert wird (d.h. eine Vertragsverlängerung auf unbestimmte Zeit vorgesehen ist) und
dem anderen Vertragsteil (vertraglich) das Recht eingeräumt wird, das verlängerte Vertragsverhältnis jederzeit mit einer Frist von höchstens einem Monat zu kündigen (jederzeitiges Kündigungsrecht des anderen Vertragsteils unter Einhaltung einer Monatskündigungsfrist).
 

Beachte

Bestehen daneben auch gesetzliche Kündigungsrechte – wie bspw. das Recht zur außerordentlichen Kündigung nach § 314 BGB –, bleiben diese hiervon zwar unberührt – sie "entbinden den Verwender der AGB aber … nicht davon, ein vertragliches Kündigungsrecht für den anderen Vertragsteil vorzusehen".[20]

 

Rz. 11

Die Neuregelung verbessert zum einen den Schutz der Verbraucher vor zu langen vertraglichen Bindungen durch ungewollte stillschweigende Vertragsverlängerungen. Z...

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