Rz. 14

§ 308 Nr. 9 BGB statuiert als weitere verbraucherschützende Maßnahme – und als ­Ausschluss vom Grundsatz des § 399 BGB (respektive § 354a HGB) – ein Klauselverbot für Abtretungsausschlüsse (Verbot benachteiligender Abtretungsklauseln [Abtretungsausschlüsse]) in AGB. Nach § 308 Nr. 9 Halbsatz 1 BGB ist eine Bestimmung unwirksam, durch diie die Abtretung für einen auf Geld gerichteten Anspruch des Vertragspartners gegen den Verwender ausgeschlossen wird (Buchst. a) – im Übrigen statuiert Buchst. b die Unwirksamkeit von Klauseln, durch die die Abtretung für ein "anderes Recht", das der Vertragspartner gegen den Verwender hat, ausgeschlossen wird, wenn beim Verwender ein schützenswertes Interesse an dem Abtretungsausschluss nicht besteht oder aber berechtigte Belange des Vertragspartners an der Abtretbarkeit des Rechts ein schützenswertes Interesse des Verwenders am Abtretungsausschluss überwiegen.

 

Rz. 15

Das Verbot von Abtretungsausschlüssen in AGB ist umfassend.[24] Es erfasst sowohl Vereinbarungen,

durch die die Anspruchsabtretung gänzlich ausgeschlossen wird als auch solche,
durch die die Abtretung nur beschränkt wird (z.B. die Abtretung nur an eine bestimmte Person zugelassen bzw. an bestimmte Voraussetzungen gebunden oder von der Zustimmung des Schuldners abhängig gemacht wird).[25]
 

Beachte

Der BGH[26] hat in ständiger Judikatur[27] auch bisher schon ein Abtretungsverbot am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (allgemeine Inhaltskontrolle) gemessen und dann als unwirksam angesehen, wenn der Verwender am Ausschluss der Abtretbarkeit kein berechtigtes Interesse hat oder berechtigte Belange des Vertragspartners an der Abtretbarkeit des Rechts das schützenswerte Interesse des Verwenders an dem Abtretungsausschluss überwiegen. Dies greift die Neuregelung – da bisher eine "generelle und einschränkungslose Abtretbarkeit von Zahlungsansprüchen … nicht vorbehaltlos gewährleistet (war)"[28] – auf.

 

Rz. 16

Die Neuregelung des § 308 Nr. 9 Halbsatz 1 Buchst. a BGB soll u.a. gewährleisten, "dass Verbraucher die auf Geld gerichteten Ansprüche, die sie gegen Unternehmer erworben haben, zum Zweck der Durchsetzung an Dritte abtreten können"[29] – insbesondere zum Zweck der Rechtedurchsetzung die Dienste registrierter Inkassounternehmen (die auf Geldleistung gerichtete Ansprüche der Verbraucher außergerichtlich und gerichtlich für diese weiter geltend machen sollen) in Anspruch nehmen können. Dies hat vor allem für entsprechende Abtretungsklauseln in Flugreiseverträgen (an Digitalplattformen zur Geltendmachung von Verspätungen nach Maßgabe der EU-FluggastrechteVO) Relevanz.

Hintergrund der Regelung ist also, dass entsprechende Abtretungsverbote in AGB einer "Verbraucherrechtedurchsetzung im Wege der Inkassozession durch Legal-Tech-Unternehmen entgegenstehen"[30] und damit einer privaten Rechtsdurchsetzung nicht förderlich sind.[31] Vgl. insoweit auch am 10.6.2021 verabschiedete Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt[32] (als weiterer Mosaikstein einer "mehrgliedrigen Gesetzesinitiative").[33] Die Regelung will Legal Tech-Geschäftsmodelle erleichtern, "die darauf beruhen, dass sich Unternehmen massenhaft Ansprüche von Verbrauchern abtreten lassen und, gegen eine i.d.R. prozentuale Erfolgsbeteiligung einziehen."[34]

 

Rz. 17

Nach § 308 Nr. 9 Halbsatz 1 BGB ist in AGB insbesondere eine Bestimmung unwirksam, durch die die Abtretbarkeit ausgeschlossen wird

für einen auf Geld gerichteten Anspruch des Vertragspartners gegen den Verwender (Buchst. a) oder

für ein anderes Recht, das der Vertragspartner gegen den Verwender hat (Buchst. b), wenn (d.h. mit der zusätzlichen Einschränkung)

beim Verwender ein schützenswertes Interesse an dem Abtretungsausschluss nicht besteht (Buchst. aa) oder (alternativ)
berechtigte Belange des Vertragspartners an der Abtretbarkeit des Rechts das schützenswerte Interesse des Verwenders an dem Abtretungsausschluss überwiegen (Buchst. bb).
 

Beachte

Buchst. a sieht – im Unterschied zu Buchst. b – für Geld keine Interessenabwägung vor.

 

Rz. 18

Buchmann/Panfili[35] weisen darauf hin, dass es sich – trotz der Differenzierung in Buchst. a und b – bei § 308 Nr. 9 BGB um ein "Klauselverbot mit Wertungsmöglichkeit" handelt, weshalb es abzuwarten sei, "ob die Gerichte im (…) Beispiel eines zweckgebundenen Förderdarlehens i.S.d. § 491 Abs. 2 S. 2 Nr. 5 BGB, bei dem die Förderbank als AGB-Verwenderin ein berechtigtes Interesse an der Vereinbarung eines Abtretungsverbots haben könnte] oder in ähnlich gelagerten Fällen von dieser Wertungsmöglichkeit Gebrauch machen und in Ausnahmefällen eine Interessenabwägung auch i.R.d. § 308 Nr. 9 lit. a BGB vornehmen werden".[36]

 

Rz. 19

Wais[37] stellt den Zweck des Klauselverbots in § 308 Nr. 9 Halbsatz 1 Buchst. b BGB – das nur eine ausdrückliche Wiedergabe der Judikatur des BGH darstellt[38] – in Frage ("unklar"):[39] "Man wird daher annehmen dürfen, dass es bei § 308 Nr. 9 Buchst. b BGB vor allem darum geht, der betreffenden höchst...

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