Dr. Jörg Kraemer, Frank-Michael Goebel
Rz. 1
In der Vorbereitung der Zwangsvollstreckung wie im Forderungsmanagement gibt es regelmäßig zwei Problemkreise für den Rechtsanwalt: Er muss sich Kenntnis über das Vermögen des Schuldners verschaffen und den Aufenthaltsort des Schuldners ermitteln. Nicht selten lassen sich die Maßnahmen kaum voneinander trennen.
Rz. 2
Zur Beschaffung dieser Informationen können der Gläubiger als Mandant und sein Bevollmächtigter bereits eine Vielzahl von Maßnahmen bei der Anbahnung und der Durchführung des eigentlichen Geschäftes, während des Erkenntnisverfahrens zur Schaffung eines Vollstreckungstitels und in unmittelbarem Anschluss an das Vorliegen eines Titels veranlassen. Dabei muss nicht jede Ermittlungsmaßnahme hohe Kosten verursachen. Im Gegenteil sind manche Ermittlungsmaßnahmen geeignet, zeitliche und finanzielle Ressourcen zu sparen.
Dieses Kapitel soll zeigen, welche Informationen schon während der Geschäftsbeziehung, im Zeitraum der Mandatserteilung und außergerichtlichen Tätigkeit, während des Erkenntnisverfahrens und zeitgleich zur Zwangsvollstreckung erfasst werden können und sollen. Dabei ist auf verschiedene Fallkonstellationen ein besonderes Augenmerk zu richten:
Rz. 3
Schon während der Vertragsdurchführung kann sich der Schuldner bemühen Informationen zu verschleiern und Vermögen auf Dritte zu übertragen, wenn er seine wirtschaftlichen Schwierigkeiten kommen sieht. Deshalb muss immer bedacht werden, dass anfechtbare Rechtshandlungen nach dem in der Einzelzwangsvollstreckung zur Anwendung kommenden AnfG vorliegen können und der Schuldner die Anfechtungsfristen durch eine qualifizierte Verzögerungstaktik verstreichen sehen will.
Rz. 4
Der Schuldner wird während des zum Titel führenden Verfahrens regelmäßig durch einen Bevollmächtigten vertreten sein. Ein unmittelbarer Kontakt zum Schuldner besteht nicht. Bei der Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen stellt sich dann regelmäßig heraus, dass schon der Aufenthalt des Schuldners unbekannt ist. Die Kenntnis seines Bevollmächtigten hilft dann nur bei wenigen Vollstreckungsarten.
Rz. 5
Hat der Schuldner die Zwangsvollstreckung kommen sehen, weil er aufgrund des Verlaufes des Erkenntnisverfahrens erkennt, dass er verurteilt werden wird, hat er dazu unter Umständen Vermögenswerte verschoben, sodass mögliches früheres Vermögen noch ermittelt werden muss.
Rz. 6
In Abschnitt B. (siehe Rdn 25 ff.) wird ein erster Einstieg in Fragen des Informationsmanagements bei der Vertragsanbahnung – der Forderungsbegründung – und der nachfolgenden Vertragsdurchführung gegeben.
Rz. 7
Hinweis
Aus diesen Informationen kann sich auch schon sehr frühzeitig ein Bild ergeben, wonach die Vereitelung der zukünftigen Vollstreckung droht, sodass an die Beantragung eines Arrestes gedacht werden muss.
In Abschnitt C. (siehe Rdn 49 ff.) folgt dann eine Darstellung von Möglichkeiten zur Ermittlung des Aufenthaltes und des Vermögens des Schuldners, außerhalb eines strukturierten Informationsmanagements des Gläubigers durch den Rechtsanwalt oder das Inkassounternehmen. Dabei wird ein Anspruch auf Vollständigkeit nicht erhoben.
Rz. 8
Das Kapitel beschäftigt sich dagegen nicht mit den formellen Informationsbeschaffungsinstrumenten im eigentlichen Vollstreckungsverfahren, insbesondere des Verfahrens über die Abnahme der Vermögensauskunft. Diese werden vielmehr in gesonderten Kapiteln bzw. in Zusammenhang mit der jeweiligen Vollstreckungsart erläutert. So:
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das Verfahren zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und Abgabe der eidesstattlichen Versicherung in § 4; |
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das Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 836 Abs. 3 ZPO in der Forderungsvollstreckung, wenn der Schuldner dem Gläubiger die notwendigen Auskünfte zur Geltendmachung der gepfändeten Forderung nicht erteilt und die über die Forderung vorhandenen Urkunden nicht herausgibt. Die hierzu notwendigen Erläuterungen finden Sie in § 7; |
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das Verfahren zur Erklärung über den Nichtbesitz einer Sache und die Unkenntnis von deren Aufenthaltsort und der Abgabe der diesbezüglichen eidesstattlichen Versicherung bei der Vollstreckung der Herausgabe einer beweglichen Sache in § 12; |
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das Verfahren zur Auswertung eines Pfändungsprotokolls des Gerichtsvollziehers, soweit dieser über die Pfändung hinaus auch zusätzliche Informationen erlangt hat, in § 6; |
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das Verfahren zur Sammlung von Erkenntnissen über andere Geldforderungen des Schuldners und dessen Aufenthalt durch den Gerichtsvollzieher nach § 806a ZPO in § 6; |
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das Verfahren zur sachgerechten Auswertung der Drittschuldnererklärung nach § 840 ZPO in § 7 und § 8. |
Rz. 9
Außer Betracht bleiben gänzlich die materiellen Auskunftsansprüche, insbesondere im Unterhaltsrecht. Diese sind rein materiell-rechtlicher, insbesondere familienrechtlicher Natur, sodass es den Rahmen der nachfolgenden Darstellung sprengen würde, auf diese einzugehen. Im konkreten Fall muss der Gläubiger diese allerdings in Betracht ziehen.
Rz. 10
Wenn dieses Kapitel vor dem Beginn der Zwangsvollstreckung i...