Dr. Jörg Kraemer, Frank-Michael Goebel
Rz. 30
Für ein aktives Informationsmanagement stehen verschiedene Informationsquellen zur Verfügung:
Zunächst muss das Unternehmen die eigenen Informationsquellen nutzen, was den Vorteil hat, dass diese Informationen nicht gesondert vergütet werden müssen, wie es bei Nutzung eines externen Dienstleisters, insbesondere Wirtschaftsauskunftsdiensten der Fall ist.
Rz. 31
Hinweis
Gerade hier lassen sich in der Praxis ganz erhebliche Defizite feststellen, weil viele Unternehmen in der Vertragsanbahnung nicht den Fall bedenken, dass das Geschäft notleidend werden könnte und es deshalb unterlassen, die Vertragsstruktur darauf abzustellen und entsprechende Informationen zu sammeln.
Rz. 32
Beispiel
Das Energieversorgungsunternehmen E wird von dem zukünftigen Kunden K kontaktiert, der mit Strom und Gas beliefert werden möchte. Da K anruft, wird auch nur er als Kunde erfasst, der Ehegatte bleibt unberücksichtigt. Nach Geburtstag und Geburtsort wird nicht immer gefragt. Ihm wird der Vertrag vorgelegt und ihm werden die Abrechnungen erteilt. Später zahlt K seine Rechnungen nicht mehr, sodass die Forderung gegen ihn tituliert und vollstreckt wird. Dabei stellt sich nach aufwändigen Recherchen heraus, dass er sein gesamtes Vermögen auf seine Ehefrau übertragen hat oder ihr von Anfang an gehörte. Mit hohem Risiko können allenfalls einzelne Vermögensübertragungen nach dem Anfechtungsgesetz angefochten werden.
Hier hätte E schon bei der Vertragsanbahnung und im weiteren Verlauf die Grundlagen für ein erfolgreiches Forderungsmanagement legen können, wenn danach gefragt worden wäre, ob K verheiratet ist und der Ehegatte mit in der versorgten Wohnung lebt. In diesem Fall hätte E von Anfang an in den Vertrag eingebunden werden könne. Da es sich um ein Geschäft zur Deckung des täglichen Lebensbedarfes gehandelt hat, haftet allerdings die Ehefrau auch nach § 1357 Abs. 1 S. 2 BGB, was im Rahmen der Forderungsbeitreibung, insbesondere der Titulierung im Mahnverfahren hätte berücksichtigt werden müssen. Auf die Vermögensverschiebungen wäre es dann nicht angekommen. Hätte E nach Geburtstag und Geburtsort gefragt, wäre über § 62 Personenstandsgesetz (PStG) neben der Möglichkeit der erweiterten Melderegisterauskunft nach § 45 BMG, zu ermitteln gewesen, ob K bei Vertragsabschluss verheiratet war.
Rz. 33
Es sollten also auch auf den ersten Blick völlig unwichtige Daten, wie das Geburtsdatum und Geburtsort des Schuldners erfasst werden. Dies gilt auch dann, wenn der Schuldner ganz offensichtlich nicht mehr minderjährig ist, sodass hier keine Abgrenzungsprobleme entstehen.
Rz. 34
Beispiel
Wenn Sie das Geburtsdatum und den Geburtsort des Schuldners kennen, können Sie sich das Personenstandsregister über § 62 PStG erschließen. Hier können Sie Verwandte des Schuldners ermitteln, bei denen eine Vermögensverschiebung zu Lasten des Schuldners in Betracht kommt, die der Schuldner selbst als Form des Vermögenserwerbes beerben kann oder die als gesetzliche Erben des Schuldners bei der Erbscheinsbeantragung (§ 792 ZPO) zu benennen sind. Auch können Sie über das Geburtsdatum erkennen, wann der Schuldner einen "runden Geburtstag" feiert. Über eine Nachfrage bei Nachbarn oder Verwandte lässt sich so klären, wo die Geburtstagsfeier stattfindet. Eine Taschenpfändung am runden Geburtstag kann eine besondere Überraschung sein!
Rz. 35
Letztlich können mit einer Reihe von Verträgen auch Daten erfasst werden, die später einen unmittelbaren Vollstreckungszugriff erlauben. So ist es gar nicht ungewöhnlich, dass in Kreditverträgen der Schuldner seinen Arbeitslohn zur Sicherheit abtritt und den Arbeitsgeber dabei benennt oder sein Konto zum Forderungseinzug aufgeführt wird, statt das des Gläubigers zur Überweisung anzugeben. Letztlich wird der Gläubiger hier aber intensiver Beratung durch den professionellen Rechts- und Inkassodienstleister bedürfen.
Rz. 36
Beispiel
So ist der Vermieter durchaus berechtigt im Mietvertrag nicht nur die Kontonummer seines Mietkontos anzugeben, sondern kann seinerseits vor dem Hintergrund der Nebenkostenerstattungen oder der Rückführung einer Kaution die Kontodaten des Schuldners erfassen. Wird der Schuldner säumig, kann in der Vollstreckung die Information als Grundlage einer Kontopfändung oder auch der Vorpfändung dienen. Dies auch dann, wenn der Schuldner inzwischen verzogen ist, da dies nicht zwangsläufig zur Aufgabe der Bankverbindung zwingt, er regelmäßig aber auch an einem entfernteren Ort das gleiche Kreditinstitut wählt.
Rz. 37
In zweiter Linie sollten öffentlich zugängliche Informationen genutzt werden. Hier sind neben dem Handels-, Gewerbe-, Vereins-, Genossenschafts-, Partnerschafts- oder Güterrechtsregistern auch Internetrecherchen dienlich. Für die Einsichtnahme in diese Register ist es nicht immer erforderlich, dass schon ein Vollstreckungstitel vorliegt.
Rz. 38
Hinweis
Über die Internetseite www.unternehmensregister.de können Sie sich die Handelsregister der verschiedenen Bundesländer unmittelbar erschließen....