Dr. Jörg Kraemer, Frank-Michael Goebel
Rz. 79
Soweit der Rechtsanwalt mit dem Forderungsinkasso beauftragt ist und der Schuldner keine nachvollziehbaren Gründe für die Zahlungsverweigerung gegenüber dem Mandanten dargelegt hat, ist mit der Einleitung der außergerichtlichen Mahnung zu prüfen, ob der Schuldner bereits eine Vermögensauskunft abgegeben hat. Regelmäßig ist der Schuldner nämlich mehreren Gläubigern verhaftet, wenn er ohne hinreichende sachliche Gründe den Forderungsausgleich verweigert.
Rz. 80
Hinweis
Stellt sich hier heraus, dass der Schuldner schon bei der Geschäftsanbahnung mit dem Mandanten die Vermögensauskunft abgegeben hatte, besteht der Verdacht eines Eingehungsbetruges nach § 263 StGB. In diesem Fall kann der Anspruch des Mandanten als Gläubiger auch auf eine vorsätzliche unerlaubte Handlung gestützt werden, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB. Nach § 850f Abs. 2 ZPO verschafft dies dem Gläubiger ganz erhebliche Vorteile bei der Zwangsvollstreckung, da der Schuldner die Pfändungsfreibeträge des § 850c ZPO nicht mehr für sich in Anspruch nehmen kann, sondern auf den notwendigen Unterhalt beschränkt ist. Auch nimmt eine solche Forderung nach § 302 InsO nicht an der Restschuldbefreiung teil. Gleichwohl wird dieser Aspekt in der Praxis häufig vergessen. Gleiches gilt, wenn sich aus den Informationen insgesamt ein Bild ergibt, wonach der Schuldner bei dem Vertragsabschluss mit dem Gläubiger schon nicht mehr in der Lage war aus seinem Einkommen und Vermögen alle Verbindlichkeiten zu bedienen.
Rz. 81
Tipp
Stellen Sie in diesem Fall im Erkenntnisverfahren schon den Antrag "festzustellen, dass die zu Ziffer 1) titulierte Forderung auch aus vorsätzlich unerlaubter Handlung begründet ist".
Zum besonderen Feststellungsbedürfnis für diesen Antrag verweisen Sie auf § 850f Abs. 2 ZPO und § 302 InsO. Im Mahnverfahren ist dies allerdings nicht mehr möglich.
Rz. 82
Beim zuständigen Vollstreckungsgericht wird gemäß § 882b ff. ZPO ein Verzeichnis aller Schuldner geführt,
Rz. 83
Nach § 882f ZPO besteht ein Auskunftsanspruch aus dem Schuldnerverzeichnis, wenn die Auskünfte:
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für Zwecke der Zwangsvollstreckung verwendet werden, |
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zur Prüfung der wirtschaftlichen Zuverlässigkeit aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung verwendet werden, |
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zur Prüfung der Voraussetzungen für die Gewährung öffentlicher Leistungen erforderlich sind, |
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zur Abwendung von wirtschaftlichen Nachteilen benötigt werden, |
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zur Verfolgung von Straftaten erforderlich sind. |
Rz. 84
Die vorgenannten Voraussetzungen hat der Gläubiger mit dem Antrag auf Einsicht oder Übermittlung einer Abschrift des Vermögensverzeichnisses glaubhaft zu machen.
Rz. 85
Nach § 882h ZPO ist für die Führung des Schuldnerverzeichnisses das zentrale Vollstreckungsgericht des jeweiligen Bundeslandes zuständig, in dessen Bezirk der Schuldner zum Zeitpunkt der Antragstellung seinen allgemeinen Wohnsitz hat.
Rz. 86
Hinweis
Allerdings wird die Auskunft online über das zentrale Portal www.schuldnerverzeichnis.de gewährt. Eine Abschrift eines bereits abgenommenen Vermögensverzeichnisses erhält der Gläubiger allein über den Gerichtsvollzieher nach § 802d ZPO (vgl. insoweit die Ausführungen in § 4).
Rz. 87
Hat der Schuldner die Vermögensauskunft bereits abgegeben, so sind verschiedene Aspekte zu bedenken:
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Zum einen muss der Mandant darüber aufgeklärt werden, dass mit keiner zeitnahen Befriedigung seiner Forderung zu rechnen ist und er die Kosten der Titulierung zunächst einmal vorzuschießen hat, ohne dass feststeht, dass es zu einer späteren Erstattung kommt. |
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Es ist zu prüfen, ob der Schuldner die Vermögensauskunft bereits bei dem Abschluss des die Forderung begründenden Rechtsgeschäftes mit dem Mandanten abgegeben hatte. In diesem Fall ist die Forderung auch auf die vorsätzlich unerlaubte Handlung nach § 823 Abs. 2 BGB, § 263 StGB in Form des Eingehungsbetruges zu stützen, da dies in der späteren Zwangsvollstreckung zu einer Privilegierung der Forderung nach § 850f Abs. 2 ZPO führt. Dies hat weiterhin den Vorteil, dass nach §§ 89 Abs. 2 S. 2, 302 Nr. 1 InsO ein späteres Insolvenzverfahren mit Restschuldbefreiung die Fortsetzung der Einzelzwangsvollstreckung gegen den Schuldner nicht hindert! |
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Der Schuldner kann auch dann zur erneuten Abgabe der Vermögensauskunft verpflichtet sein, wenn er im Schuldnerverzeichnis eingetragen ist, da die Eintragung erst nach Ablauf von drei bzw. fünf Jahren gelöscht wird. Demgegenüber lässt § 802d ZPO außerhalb der besonderen Voraussetzungen die wiederholte eidesstattliche Versicherung schon nach Ablauf von zwei Jahren nach der Abgabe der vorherigen Vermögensauskunft zu. |