Dr. Jörg Kraemer, Frank-Michael Goebel
Rz. 148
Hat ein anderer Gläubiger des Schuldners oder der Schuldner selbst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners beantragt und wird die Eröffnung dann mangels Masse abgelehnt, so ist dies nicht gleichbedeutend damit, dass der Schuldner über kein Vermögen mehr verfügt.
Rz. 149
Hinweis
Wird ein Insolvenzverfahren eingeleitet oder eröffnet, so wurde dies bisher in der regionalen Presse veröffentlicht. Der Gläubiger hat darüber hinaus die Möglichkeit, eine entsprechende Anfrage an das für den Schuldner örtlich zuständige Insolvenzgericht zu richten. Eine besondere Hilfestellung gibt die Internetseite www.insolvenzbekanntmachungen.de. Nach § 9 InsO in der seit dem 1.7.2007 geltenden Fassung in Verbindung mit § 2 der Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet vom 12.2.2002, erfolgt die Bekanntmachung eines Insolvenzverfahrens nun zentral und länderübergreifend im Internet. Dabei muss allerdings beachtet werden, dass hier nur neue Insolvenzverfahren seit der Nutzung dieser Möglichkeit durch das betreffende Bundesland aufgeführt werden. Seit wann das Bundesland hiervon Gebrauch macht, ergibt sich aus der auf der Internetseite einsehbaren Länderliste. Nordrhein-Westfalen hat am 1.7.2002 als erstes Bundesland mit der Bekanntmachung im Internet begonnen, Sachsen-Anhalt ist als letztes Land zum 1.9.2005 in das Projekt eingestiegen. Für die – wohl wenige – davor liegenden Fälle muss noch immer auf die herkömmlichen Informationsquellen und Anfragemöglichkeiten zurückgegriffen werden.
Auch wenn § 9 Abs. 2 und 3 InsO die Möglichkeit weiterer Bekanntmachungen vorsehen, wird doch der umfassende Rückgriff auf die elektronische Bekanntmachung die Kosten und damit die gerichtlichen Auslagen reduzieren.
Hinweis
Leider ist bisher nicht gelungen, eine Möglichkeit zu schaffen, die die automatische Durchsuchung des Registers ermöglicht, was gerade Gläubiger mit vielen Einzelforderungen vor Schwierigkeiten stellt. Dies gilt umso mehr, als der bundesweite Zugriff jeweils nur für zwei Wochen nach der Bekanntmachung besteht. Danach muss zumindest das zuständige Insolvenzgericht bekannt sein.
Rz. 150
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird abgelehnt, wenn eine die Kosten des Verfahrens deckende Masse nicht vorhanden ist. Es kann also trotz der abgelehnten Verfahrenseröffnung ein Restvermögen vorhanden sein, dass nur nicht hinreichend ist, um die Kosten des Verfahrens zu decken. In dieses Restvermögen kann der Gläubiger dann nach der abgelehnten Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch wieder als Einzelgläubiger vollstrecken.
Rz. 151
Tipp
Wird ein Insolvenzverfahren mangels Masse abgelehnt, so hat das insolvente Unternehmen nicht immer nur selbst Schulden, sondern ggf. auch Außenstände, die aber entweder von ihrem Nennbetrag nicht ausreichen, um die Kosten des Verfahrens zu decken oder aber von denen der vorläufiger Insolvenzverwalter und Gutachter annimmt, dass diese nicht oder nicht in ausreichendem Umfange beitreibbar sind. Letzteres kommt auch vor, wenn das eigentliche Insolvenzverfahren durchgeführt wird. Der Gläubiger, insbesondere Rechtsanwälte und Inkassounternehmen, sollten sich solche Forderung vom Liquidator oder Insolvenzverwalter abtreten lassen oder sie pfänden und dann in die Vollstreckung bzw. Langzeitüberwachung nehmen. In laufenden Insolvenzverfahren können diese Forderungen unter Anrechnung auf die eigene Insolvenzforderung zum Teil auch erworben werden. Nicht selten lässt sich hier noch ein späterer Erlös erzielen, der eine potentielle Insolvenzquote übersteigt.
Rz. 152
Der bestellte vorläufige Insolvenzverwalter ist verpflichtet, das Restvermögen des Schuldners zu ermitteln und dann den voraussichtlichen Kosten des Verfahrens gegenüberzustellen. Insoweit befindet sich bei der Insolvenzakte ein Verzeichnis des Restvermögens, von dessen Inhalt sich der Gläubiger oder sein Bevollmächtigter durch Akteneinsicht Kenntnis verschaffen kann. Da der Schuldner bzw. die vertretungsberechtigten Organe nach §§ 20, 97 InsO hier einer Auskunfts- und Mitwirkungspflicht unterliegen und im Übrigen die maßgeblichen Tatsachen von Amts wegen zu ermitteln sind, besteht die Chance, ein recht vollständiges und richtiges Bild von der Situation zu erlangen.
Rz. 153
Tipp
Ein solches Gesamtbild eröffnet auch die Möglichkeit Durchgriffs- und Haftungsansprüche gegen die handelnden Organe zu erkennen.
Rz. 154
Während der antragstellende Gläubiger einen Anspruch auf Akteneinsicht nach § 4 InsO i.V.m. § 299 Abs. 1 ZPO hat, hat der sonstige Gläubiger nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Akteneinsicht nach § 4 InsO i.V.m. § 299 Abs. 2 ZPO. Erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens haben alle Insolvenzgläubiger einen Anspruch auf Akteneinsicht.
Rz. 155
Es ist umstritten, ob vor der Akteneinsicht der Schuldner zu hören ist und welche Anforderungen an das rechtliche Interesse gestellt werden müssen. Steht die Forderung eines Akteneinsicht beantragende...