Rz. 128
In ähnlicher Weise ist auch das Verhältnis von Gesellschaftsstatut und Güterstatut zu bestimmen. Das Güterstatut bestimmt sich seit dem 29.1.2019 gem. Art. 22 der Europäischen Güterrechtsverordnung (EuGüVO) vom 24.6.2016 vorrangig nach einer vertraglichen Rechtswahl der Eheleute. Liegt keine Rechtswahl vor, so ist bei vor dem 29.1.2019 geschlossenen Ehen auf die gemeinsame Staatsangehörigkeit der Eheleute bei Eheschließung abzustellen, hilfsweise darauf, in welchem Staat beide Eheleute bei Eheschließung ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten (Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1, 2 EGBGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 47 Abs. 2 EGBGB). Ist die Ehe am oder nach dem 29.1.2019 geschlossen worden, gilt bei fehlender Rechtswahl das Recht des Staates, in dem die Eheleute ihren ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt haben, Art. 26 Abs. 1 lit. a EuGüVO. Aus dem Güterstatut ergibt sich z.B., ob die Vermögen der Eheleute getrennt bleiben oder ob die Vermögen und ggf. welche Teile des Vermögens gemeinschaftliches Vermögen der Eheleute werden und auf welche Weise ihnen dieses Vermögen zusteht, in welcher Weise sie dieses verwalten und wie sie darüber verfügen. Weltweit verbreitet ist unterschiedliche Ausprägungen der sog. Errungenschaftsgemeinschaft, eine Form der Gütergemeinschaft, bei der das Vermögen, welches die Eheleute nach der Eheschließung entgeltlich erwerben, in die Gütergemeinschaft fällt.
Rz. 129
Hierbei wird man wohl die Frage, ob ein Geschäftsanteil bei Gründung der Gesellschaft oder derivativem Erwerb durch einen verheirateten Gesellschafter bzw. bei Begründung des Güterstands durch den Gesellschafter in die eheliche Gütergemeinschaft fallen soll, güterrechtlich zu qualifizieren haben. So gibt es einige Rechtsordnungen, die das dem Erwerbsgeschäft eines Ehegatten dienende Vermögen, einschließlich der Anteile an einer entsprechenden Kapitalgesellschaft, von der ehelichen Gütergemeinschaft generell ausnehmen. Zieht dagegen das maßgebliche Güterrecht auch den Geschäftsanteil in die Gütergemeinschaft, so entscheidet das Gesellschaftsstatut darüber, ob der Anteil "gemeinschaftstauglich" ist, also die eheliche Gesamthand überhaupt duldet. Bei einem Anteil an einer deutschen OHG oder KG beispielsweise wäre dies nicht der Fall, da das deutsche Recht eine gesamthänderische Beteiligung an dem Anteil an einer Personengesellschaft nicht immer anerkennt. Bei einem Geschäftsanteil an einer deutschen GmbH ist dagegen davon auszugehen, dass dieser Gegenstand in die Gütergemeinschaft fallen kann. Ob die Gesellschafter dies ändern können, indem sie den Anteil vinkulieren, ist umstritten.
Rz. 130
Praxishinweis: Bei Anzeichen für die Geltung ausländischen Güterrechts (vgl. Art. 15 EGBGB a.F.) bei einem Gesellschafter soll genauer geprüft werden, ob ein Güterstand mit Gütergemeinschaft gelten könnte. Gegebenenfalls sollte der andere Ehegatte eine umfassende Stimmrechtsvollmacht erteilen oder vom Erwerb der Beteiligung an an allen Handlungen vorsichtshalber mitwirken.