Rz. 105
Bei der Abtretung der Geschäftsanteile an einer deutschen GmbH stellt sich die Frage, ob die von § 15 Abs. 3 GmbHG verlangte notarielle Beurkundung zur Beachtung der vom Geschäftsstatut verlangten Form überhaupt durch einen ausländischen Notar möglich ist. Nach einer Entscheidung des BGH vom 16.2.1981 kann ein vom deutschen Recht aufgestelltes Beurkundungserfordernis auch durch einen ausländischen Notar erfüllt werden, soweit das Beurkundungsverfahren gleichwertig sei. Solche Gleichwertigkeit sei gegeben,
Zitat
"… wenn die ausländische Urkundsperson nach Vorbildung und Stellung im Rechtsleben eine der Tätigkeiten des deutschen Notars entsprechende Funktion ausübt und für die Errichtung der Urkunde ein Verfahrensrecht zu beachten hat, das den tragenden Grundsätzen des deutschen Beurkundungsrechts entspricht."
Rz. 106
Der BGH hat daraufhin die Gleichwertigkeit für die Beurkundung durch Notare in Zürich/Altstadt bejaht. Bei Beurkundung durch einen österreichischen Notar liegt die Gleichwertigkeit besonders nahe, da hier das Beurkundungsverfahren noch strenger ist als in der Schweiz. In der Literatur finden sich vielfach erheblich weiter gehende Vermutungen – teilweise sogar für alle Länder des lateinischen Notariats. Fraglich ist, welche Auswirkungen sich für die Feststellung der Gleichwertigkeit aus dem nach der vorgenannten Entscheidung ergangenen "Supermarkt-Beschluss" ergeben, in dem der BGH die Bedeutung der Beurkundungspflicht insbesondere im Hinblick auf die materielle Richtigkeitsgewähr und Gewährleistung einer Prüfungs- und Belehrungsfunktion betont hat. Vorsichtshalber soll nach einigen Stimmen in der Literatur bei Beurkundungen in der Schweiz darauf geachtet werden, dass die Urkunde auch tatsächlich verlesen wird, der Notar auf seine Belehrungspflicht hingewiesen hat und dies im Beurkundungsvermerk auch ausdrücklich vermerkt wird. Allerdings vermag auch das "freiwillige" Verlesen nicht die Gleichwertigkeit des Beurkundungsverfahrens herzustellen, weil die Gleichwertigkeit sich nicht danach richtet, welches Verfahren im Einzelfall tatsächlich eingehalten worden ist, sondern danach, welches Verfahren das für die Beurkundung geltende Verfahrensrecht – im konkreten Fall also das Beurkundungsrecht des Staates, in dessen Namen die Urkundsperson die Beurkundung vornimmt – verlangt und welche Erfordernisse nach diesem Recht für die Wirksamkeit der Beurkundung zwingend einzuhalten sind. Daher ist fraglich, ob eine Beurkundung nach dem Zürcher Recht, welches das "Selbstlesungsverfahren" zulässt, so dass der Notar im Einzelfall überhaupt nichts verlesen muss, überhaupt noch als "Beurkundung" i.S.v. § 15 Abs. 3 GmbHG bezeichnet werden kann oder nicht vielmehr eine besondere Form der Unterschriftsbeglaubigung darstellt.
Rz. 107
Bei Einschaltung eines aus den USA, Großbritannien oder anderen Ländern mit Common-Law-Tradition stammenden notary public stellt sich vielfach die Gleichwertigkeitsproblematik nicht. Das dort geltende Recht hält zwar Verfahren für die Beglaubigung, eidesgleiche Bekräftigungen etc. bereit. Stets bezieht sich dieses Verfahren aber nicht auf den Inhalt der Erklärung, so dass es sich um keine Beurkundung handelt.
Rz. 108
Gegen die Möglichkeit der Beurkundung durch einen ausländischen Notar wurde nach Inkrafttreten des MoMiG zunächst vorgetragen, der ausländische Notar sei zur Erstellung der Gesellschafterliste gem. § 40 Abs. 1 GmbHG i.d.F. durch das MoMiG mangels einer entsprechenden öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Erstellung der Liste zur Errichtung und Einreichung nicht befugt. Die Einreichung der Liste durch den Geschäftsführer helfe hier nicht weiter, denn das Gesetz sehe bei notariell beurkundeter Abtretung der Anteile keine Befugnis des Geschäftsführers zur Einreichung einer Liste vor. Gegen eine Ausweitung der Einreichungsbefugnis des Geschäftsführers auf diese Fälle spricht, dass bei Einreichung durch den Geschäftsführer nicht die gleiche Richtigkeitsgewähr wie bei der notariell erstellten Liste gegeben ist. Die Richtigkeitsgewähr ist aber unverzichtbar für das System des gutgläubigen Erwerbs. Die Änderungen durch das MoMiG schafft damit eine weitere Funktion der Beurkundung, die dazu führt, dass die Beurkundung durch einen ausländischen Notar die Form des § 15 Abs. 3 GmbHG nicht gleichwertig einhalten kann.
Rz. 109
In seiner Entscheidung vom 17.12.2013 hat der BGH hingegen die Bedeutung der Gesellschafterliste in dieser Hinsicht verwässert, indem er für die Fälle der Abtretung im Ausland eine konkurrierende Befugnis des Geschäftsführers zur Einreichung einer berichtigten Gesellschafterliste zum Handelsregister annimmt. Darüber hinaus hat er festgestellt, dass die Beurkundung der Abtretung in der Schweiz nicht offensichtlich formnichtig sei. Damit wird angedeutet, dass der BGH auch nach der Reform durch das MoMiG die Wirksamkeit einer im Ausland beurkundeten Anteilsabtretung zumindest jetzt noch nicht kategorisch au...