Rz. 75
Kernbereich des Gesellschaftsstatuts ist die interne Organisation der Gesellschaft. Dazu gehört zunächst die Frage, welche Organe die Gesellschaft hat (obligatorische und fakultative Organe), welche Aufgaben und Kompetenzen diesen Organen zukommen, in welchem Verfahren und mit welchen Personen diese besetzt werden, welche persönlichen Voraussetzungen zur Besetzung der Organposition vorliegen müssen, wie die Bestellung der Organe erfolgt, wie sie wieder abberufen werden, welchen Treuepflichten sie unterliegen, wie diese bei Verstößen haften etc.
Rz. 76
Das Gesellschaftsstatut regelt die Anforderungen an den Inhalt der Satzung, den fakultativen und zwingenden Inhalt und die materiellen Voraussetzungen und das Verfahren für eine Satzungsänderung. Davon ist die Frage zu trennen, ob die Satzungsfeststellung und Satzungsänderung formgerecht erfolgt sind. Insoweit ist umstritten, ob diesbezüglich ausschließlich das Gesellschaftsstatut gilt oder aber gem. Art. 11 Abs. 1 Fall 2 EGBGB auch die Einhaltung eines weniger strengen Ortsrechts ausreicht. Insoweit gelten hier die Ausführungen zur Formwirksamkeit des Gründungsaktes (siehe Rdn 71 ff.).
Rz. 77
Eine Ausnahme von der Geltung des Gesellschaftsstatuts ergibt sich dann, wenn sich die Rechte und Pflichten nicht unmittelbar aus dem Gesellschaftsverhältnis ergeben. So gilt für die Haftung und die Vergütungsansprüche des Geschäftsführers einer GmbH im Verhältnis beider zueinander vorrangig das Vertragsstatut seines Geschäftsführeranstellungsvertrags (vgl. Art. 3 Rom I-VO). Aus dem Gesellschaftsstatut mögen sich allein gewisse gesellschaftsrechtliche Grenzen für die Vereinbarung ergeben. Gleiches gilt für Vereinbarungen unter den Gesellschaftern, wie Stimmbindungsverträge etc. Auch hier unterliegt der Vertrag an sich dem Vertragsstatut, welches sich nach Art. 3 Rom I-VO aufgrund freier vertraglicher Rechtswahl bestimmt. Aus dem Gesellschaftsstatut aber ergibt sich, ob ein derartiger Vertrag eventuell schon dazu führt, dass eine vertragswidrige Stimmabgabe unwirksam ist.
Rz. 78
Die Mitgliedschaft einschließlich der sich aus ihr ergebenden Rechte, Haftung und Pflichten unterliegt dem Gesellschaftsstatut. Das Gesellschaftsstatut gilt auch für die Frage, ob diese Rechte verbrieft werden können und wie sie übertragen werden (zur Übertragung von Geschäftsanteilen siehe ausführlich Rdn 99 ff.).
Rz. 79
Auch die Vererblichkeit des Geschäftsanteils unterliegt dem Gesellschaftsstatut, einschließlich der Folgen, die sich aus dem Erbfall oder einem testamentarischen Vermächtnis für die Zuordnung des Geschäftsanteils ergeben. Wer Erbe ist und ob ein Testament wirksam ist etc., ergibt sich dagegen nicht aus dem Gesellschaftsstatut, sondern aus dem Erbstatut (vgl. Art. 21, 22 EuErbVO; siehe hierzu Rdn 126 f.).
Rz. 80
Teil der inneren Organisation der Gesellschaft in diesem Sinne ist auch die unternehmerische Arbeitnehmer-Mitbestimmung, die aber nach unternehmensbezogener und betrieblicher Mitbestimmung getrennt behandelt wird (siehe hierzu Rdn 144 ff. bzw. Rdn 148).