Rz. 13
Das Nachlassinsolvenzverfahren dient hauptsächlich der Trennung und Zurverfügungstellung des Nachlasses zur gleichmäßigen, quotalen Befriedigung der Nachlassgläubiger im öffentlichen Interesse. Zudem kann der Erbe sich das Verfahren zunutze machen, um seine Haftung für Nachlassverbindlichkeiten mit dem Eigenvermögen auf den Nachlass zu beschränken.
1. Gleichmäßige Gläubigerbefriedigung
Rz. 14
Grundprinzip und vordringlicher Zweck von Insolvenzverfahren im Allgemeinen ist die bestmögliche Befriedigung aller vorhandenen Gläubiger unter Berücksichtigung ihrer gesetzlich vorgegebenen Rangfolge. Für das Nachlassinsolvenzverfahren gilt insoweit nichts anderes. Die Nachlassinsolvenz ist daher zu beantragen, wenn der Nachlass zur Befriedigung aller Nachlassverbindlichkeiten nicht ausreicht (vgl. § 1980 BGB, Antragspflicht des Erben). Dies bringt auch mit sich, dass ein Nachlassinsolvenzverfahren nur über den gesamten Nachlass, nicht aber über einzelne Erbteile stattfindet (§ 316 Abs. 3 InsO). Durch die Nachlassinsolvenz wird dem Erben das Recht zur Verwaltung, Verfügung und Verwertung des Nachlasses entzogen und der Nachlass wird einer amtlichen Verwaltung unterstellt (vgl. § 80 Abs. 1 InsO). Somit wird der Nachlasswert zugunsten der Gesamtheit der Nachlassgläubiger erhalten und nicht von den Eigengläubigern des Erben entzogen.
2. Haftungsbeschränkung des Erben
Rz. 15
§ 1967 BGB stellt klar, dass mit dem Erbfall auch die Schulden des Erblassers auf den Erben übergehen. Daneben definiert § 1967 Abs. 2 BGB auch Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen als Nachlassverbindlichkeiten. Zu den Nachlassverbindlichkeiten, für die der Erbe haftet, zählen Erblasserschulden, Erbfallschulden sowie Nachlasserbenschulden. Der Begriff der Haftung ist substanziell zu verstehen und beschreibt den Vollstreckungszugriff auf das einer Person zugeordnete Vermögen. Offen bleibt in § 1967 BGB, mit welchem Vermögen der Erbe zu haften hat: Nur mit dem Nachlass oder auch mit seinem Eigenvermögen?
Rz. 16
Aus der Systematik und dem telos der §§ 1967 ff. BGB ergibt sich, dass die Haftung des Erben sich im Grundsatz auch auf sein Eigenvermögen erstreckt. Die Haftung aus § 1967 Abs. 1 BGB ist eine (nur) vorläufig unbeschränkte. Das Gesetz ermöglicht dem Erben durch §§ 1975 ff. BGB, dass er seine mit der Nichtausschlagung der Erbschaft verbundene unbeschränkte, auch in sein Eigenvermögen zielende Haftung für die Nachlassverbindlichkeiten des Erblassers endgültig auf den Nachlass beschränken kann. Die Nachlassinsolvenz bedient damit das Interesse des Erben, bei einem überschuldeten Nachlass nicht aus dem eigenen Vermögen haften zu müssen. Wenngleich nach der rechtlichen Konzeption die gleichmäßige Befriedigung der Nachlassgläubiger das primäre Ziel der Nachlassinsolvenz darstellt, rückt doch in der Praxis noch öfter die Funktion der erbrechtlichen Haftungsbeschränkung in den Vordergrund.
3. Unternehmensfortführung
Rz. 17
Dem Insolvenzverwalter ist des Weiteren die Sanierung etwaiger zum Nachlass gehöriger Unternehmen mit laufendem Geschäftsbetrieb aufgegeben, vgl. § 1 S. 1 Hs. 2 InsO. Im Rahmen der Nachlassinsolvenz wird dieses Verfahrensziel zumeist zu vernachlässigen sein, da diejenigen Nachlässe, für die die Nachlassinsolvenz beantragt wird, in der Regel nicht unternehmenstragend sind.