1. Einleitung
Rz. 12
Anders als bei Rechtsanwälten, die als selbstständige Organe der Rechtspflege agieren, ist das Berufsbild des Inkassodienstleisters noch nicht abschließend ausgeformt und durch Berufspflichten eingerahmt. Kernelemente sind die auf einer theoretischen und praktischen Sachkunde beruhenden Registrierung im Rechtsdienstleistungsregister. Dies fort zu entwickeln, wird (auch) Aufgabe der 20. Wahlperiode zu sein. Die Herausforderungen bei der Regulierung von Inkassodienstleistungen im C2B-Bereich (Legal-Tech) geben Anlass einer umfassenderen Weiterentwicklung.
2. Registrierung, Sachkunde und Postulationsfähigkeit
Rz. 13
Wie schon nach dem RBerG bedarf es zur Inkassotätigkeit nach §§ 3, 10 und 12 RDG einer Registrierung, um Inkassodienstleistungen als nach § 2 Abs. 2 RDG der Rechtsdienstleistung gleichgestellte Tätigkeit erbringen zu können. Voraussetzung ist eine besondere praktische und theoretische Sachkunde. Die außergerichtliche Rechtsdienstleistung unterliegt also weiter einem gesetzlichen Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, der seinen gesetzlichen Niederschlag in § 3 RDG gefunden hat.
Hinweis
Soweit eine Registrierung nicht vorliegt, verstößt der Vertrag zwischen dem Gläubiger und dem vermeintlichen Inkassodienstleister gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB, nämlich § 3 RDG. Damit ist der Inkassovertrag nichtig und der vermeintliche Inkassodienstleister hat keinen Vergütungsanspruch gegen den Gläubiger, der Gläubiger damit keinen Schaden aus §§ 280, 286 BGB oder §§ 823 ff. BGB der ersatzfähig wäre. Die Erstattungspflicht von – vom Gläubiger nicht geschuldeten – Inkassokosten scheidet damit aus.
Rz. 14
Die Inkassodienstleistung darf aufgrund gesetzlicher Anordnung nur nach dem Nachweis besonderer Sachkunde erbracht werden, § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG. Die Inkassodienstleistung ist damit kraft Gesetzes als außergerichtliche Rechtsdienstleistung anerkannt; sie ist ausdrücklich der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten und der Rechtsberatung gleichgestellt. Inkassodienstleistungen erfordern nach § 11 Abs. 1 RDG besondere Sachkunde in den für die beantragte Inkassotätigkeit bedeutsamen Gebieten des Rechts, insbesondere des Bürgerlichen Rechts, des Handels-, Wertpapier- und Gesellschaftsrechts, des Zivilprozessrechts einschließlich des Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrechts sowie des Kostenrechts.
Hinweis
Zurecht hat der Bundestag mit dem Beschluss über das "Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt" die Frage aufgeworfen, ob die nach § 11 RDG innerhalb von 120 Zeitstunden zu vermittelnden Kenntnisse ausreichen, um die notwendigen Qualität von Rechtsdienstleistungsangeboten von Inkassodienstleistern zu gewährleisten. So umfasst der von dem Autor verantwortete Sachkundelehrgang bei der Deutschen Inkassoakademie schon 144 Stunden und beinhaltet insbesondere auch das für die Praxis so wichtige Datenschutzrecht. Während das Wertpapierrecht gut entfallen kann, weil es in der Praxis der Erbringung von Inkassodienstleistungen keine Rolle spielt, sollten das Datenschutzrecht, das Wettbewerbsrecht, das Strafrecht und das Berufsrecht mit seinen Nebengebieten (etwa des GWG bei Rechtsdienstleistungen) explizit geregelt werden. Daneben erscheint eine nachhaltige Ausweitung des Stundendeputates ebenso erforderlich, wie eine regelmäßige Fortbildungspflicht auf den genannten Gebieten, die zumindest an die der Rechtsanwälte bei einer Fachanwaltschaft angelehnt ist. Es ist eher erforderlich die genannten Themenbereiche inhaltlich zu vertiefen als sie auszuweiten. Zugleich wäre über die Anforderungen an die Fortbildungspflicht auch zu regeln, dass bereits registrierte Inkassodienstleister hier "aufholen".
Rz. 15
Man mag sich nur die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Insolvenzanfechtung ansehen, um zu erkennen, dass auch die Beitreibung unstreitiger Forderungen nicht ohne Rechtskenntnisse zu bewerkstelligen ist. Die Zahlungen auf Ratenzahlungsvergleiche können nach § 133 InsO etwa auch noch vier Jahre nach der Zahlung zur insolvenzrechtlichen Überprüfung stehen. Dabei sind Anfechtungsverfahren mit einer Vielzahl regelmäßig komplizierter Fragestellungen belastet, die der Inkassodienstleister in der Beratung des Mandanten auflösen muss. Ist der Schuldner verstorben, müssen die Erben ermittelt und ggfs. vom Inkassodienstleister über § 792 ZPO ein Erbschein beantragt werden. Im Rahmen der Forderungseinziehung können etwa in Anwendung von § 1357 BGB zur Mithaftung des Ehegatten oder bei der Nichtberücksichtigung unterhaltsberechtigter Personen nach § 850c Abs. 6 ZPO familien- und unterhaltsrechtliche Fragestellungen zu beantworten sein. Und natürlich muss der Inkassodienstleister auch in der Lage sein, die Einreden und Einwendungen des Schuldners aufzunehmen, zu prüfen und hierauf sachgerecht zu erwidern.
Rz. 16
Die auch in neuerer Zeit noch anzutreffende Ansicht, Inkassodienstleister nähmen in den ihnen übertragenen Rechtsbereichen geringere Aufgaben als Rechtsanwälte wahr, ist deshalb weder nach den maßgebl...