1. Die zweite Reform des Rechtsdienstleistungsgesetzes
Rz. 109
Zum 1.10.2021 findet die zweite Reform des Rechtsdienstleistungsgesetzes mit dem Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht sowie dem Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt ihren vorläufigen Abschluss. Die Diskussion um die Regulierung von Inkassodienstleistungen ist aber damit nicht zu Ende, sondern mit der gleichzeitig beschlossenen Evaluierung schon nach zwei Jahren erkennbar, dass die Streitfragen noch nicht befriedet sind.
Der Deutsche Bundestag hat am 27.11.20 das Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht mit einigen wenigen Änderungen aus der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz beschlossen. Nachdem der Bundesrat gegen das Gesetz am 18.12.20 keinen Einspruch eingelegt und der Bundespräsident es am 22.12.20 unterzeichnet hatte, wurde es am 30.12.20 im Bundesgesetzblatt verkündet. Noch vor seinem in Kraft treten wurde es mit dem Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt, dem sogenannten Legal-Tech-Gesetz vor allem in den Anforderungen an die Hinweispflichten und den Vergütungsvereinbarungen geändert. Zugleich wurde den Rechtsanwälten mehr Freiheiten bei den Vergütungsvereinbarungen bei der Erbringung von Rechtsdienstleistungen gewährt, was deren Wettbewerbsstellung gegenüber Inkassodienstleistern stärkt.
2. Gleichbehandlung von Rechtsanwälten und Inkassodienstleistern
Rz. 110
Lässt der Titel des Gesetzes zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht vermuten, dass das Gesetz vor allem Inkassodienstleister betrifft, gelten die Regelungen tatsächlich für alle Inkassodienstleistungen. Solche Leistungen als Untergruppe der Rechtsdienstleistungen erbringen aber eben nicht nur Inkassodienstleister, sondern auch Rechtsanwälte. Der Gesetzgeber vollzieht damit ausdrücklich die Gleichbehandlung von Rechtsanwälten und Inkassodienstleistern.
Künftig ist auch für die kostenrechtliche Behandlung nicht mehr relevant, wer die Forderungseinziehung vornimmt, sondern ob es sich hierbei um eine Inkasso- oder eine Rechtsdienstleistungshandelt. Es gibt dabei keinen allgemeinen Grundsatz, dass Inkassodienstleister Inkassodienstleistungen und Rechtsanwälte Rechtsdienstleistungen erbringen. Vielmehr ist maßgeblich, welche Leistung vom Gläubiger bei welchem Rechtsdienstleister beauftragt wurde.
Es ist das formulierte Ziel des Gesetzes, die verfassungsrechtlich vorgegebene Gleichstellung von Rechtsanwälten und Inkassodienstleistern bei der Erbringung von Inkassodienstleistungen zu manifestieren. So werden die Vergütungsregelungen allesamt über das RVG geregelt, während bei den berufsrechtlichen Bestimmungen ein Gleichlauf des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) und der Bundesrechtsanwaltsordnung hergestellt wird.
Die Gleichstellung bewirkt der Gesetzgeber dadurch, dass er im RVG und in der Anlage 1 zum RVG die Inkassodienstleistung für den Rechtsanwalt eigenständig bepreist (§ 13 Abs. 2 RVG; Nr. 1000 Nr. 2 und Nr. 2300 Abs. 2 VV RVG) und über § 13e Abs. 1 RDG dann sicherstellt, dass vom Schuldner bei der Tätigkeit eines Inkassodienstleisters keine höheren Kosten erstattet verlangt werden können. Zugleich wurde die bisherige Sonderregelung zur prozessualen Kostenerstattung im gerichtlichen Mahnverfahren nach § 4 Abs. 4 RDGEG gestrichen. Vor dem Hintergrund dieser Regelungstechnik trifft das Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht als primär und unmittelbar die Vergütung des Rechtsanwalts und nur mittelbar die des Inkassodienstleisters.
3. Regulierung als Kostenreduktion: Ein erster Überblick
Rz. 111
Rechtsanwälte und Inkassodienstleister werden bei Aufträgen nach dem 1.10.2021 zusammengefasst folgende Änderungen beachten müssen, soweit Inkassodienstleistungen erbracht werden. Wird dagegen eine Rechtsdienstleistung erbracht, bleibt es nach Nr. 2300 Abs. 1 VV RVG bei den bisherigen Gebührensätzen, d.h. einer 0,5 bis 2,5-Geschäftsgebühr bei Beachtung einer 1,3-Schwellengebühr:
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Bei außergerichtlichen Inkassodienstleistungen betreffend eine unbestrittene Forderung bis 50 EUR wird in § 13 Abs. 2 RVG n.F. eine neue Streitwertgruppe eingeführt, für die die 1,0-Ausgangsgebühr 30 EUR beträgt. Allerdings gilt dies allein für die Geschäftsgebühr. |
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Wer bisher eine Forderung von 35,99 EUR eingezogen hat, hat eine 1,3-Geschäftsgebühr ausgehend von einem Ausgangswert von 49 EUR (§ 13 Abs. 1 RVG), d.h. von 63,70 EUR nebst Auslagen erhalten. Künftig berechnet sich die Gebühr von einem Wert von 30 EUR aus (§ 13 Abs. 2 RVG). Da die Regelgebühr zugleich von 1,3 auf 0,9 abgesenkt wird, beträgt die neue Gebühr sogar nur noch 27 EUR. Das wirkt sich auch auf die Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV RVG aus, die statt bisher 12,74 EUR dann nur noch 5,40 EUR beträgt. Statt 76,44 EUR werden also nur noch 32,40 EUR fällig. Eine Kürzung der Vergütung um 44,04 ... |