I. Abstammung als Vorfrage des gesetzlichen Erb- und Pflichtteilsrechts
Rz. 11
Im Hinblick auf das gesetzliche Erbrecht des nichtehelichen Kindes an seinem Vater und an dessen Verwandten ist der Auskunftsanspruch des nichtehelichen Kindes über seine eigene Abstammung von besonderer Bedeutung.
Dieser Auskunftsanspruch des Kindes gegen seine Mutter auf Benennung seines Vaters ergibt sich nach der Rechtsprechung des BVerfG aus seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. Denn das verfassungsrechtlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst als Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit auch das Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung. Umgekehrt begründet das allgemeine Persönlichkeitsrecht das Recht eines Mannes auf Kenntnis davon, ob ein Kind von ihm abstammt. Die Grundrechte des Kindes können hierbei das einer Auskunftspflicht auf Seiten der Mutter entgegenstehende allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG überwiegen. Als Anspruchsgrundlage wird § 1618a BGB – Beistandspflicht – herangezogen.
Rz. 12
Aber die Gerichte haben zwischen dem Anspruch des Kindes auf Benennung des Vaters und dem Interesse der Mutter auf Geheimhaltung einen weiten Abwägungsspielraum. Soweit dem Auskunftsbegehren die Geltendmachung von Unterhalts- und Erbansprüchen zugrunde liegt, sind Rechtspositionen tangiert, die gem. Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 6 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich geschützt sind. Dieser Auskunftsanspruch ist gerade im Hinblick auf das seit 1.4.1998 bestehende volle gesetzliche Erbrecht des nichtehelichen Kindes an seinem Vater von besonderer Bedeutung.
Die Mutter kann auch verpflichtet sein, dem Kind Auskunft über Namen und Anschrift eines bestimmten Anschlussinhabers für eine Handy-Nummer zu erteilen.
II. Begriff des Abkömmlings
Rz. 13
Die gesetzliche Erbfolge der §§ 1924 ff. BGB stellt auf die rechtliche Vaterschaft und nicht auf die tatsächliche biologische Vaterschaft ab. Für die gerichtliche Entscheidung über die Vaterschaft gem. § 1592 Nr. 3 BGB ist das Familiengericht zuständig, so dass eine Überprüfung des Statusbeschlusses im Erbscheinverfahren nicht erfolgt.
Im Pflichtteilsprozess ist eine Inzidentprüfung der Vaterschaft nicht zulässig; dies muss in dem dafür eigens geregelten Statusverfahren erfolgen.
III. Einzelne Auskunftsanprüche eines Kindes
1. Auskunftsanspruch des durch heterologe Insemination gezeugten Kindes gegen den Arzt
Rz. 14
Das Interesse des durch eine heterologe Insemination gezeugten Kindes, seine genetische Abstammung zu erfahren, kann im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung höher zu bewerten sein als die Interessen des beklagten Arztes und der Samenspender an einer Geheimhaltung der Spenderdaten. In diesem Fall kann das Kind vom behandelnden Arzt Auskunft über seine genetische Abstammung verlangen. Eine Einigung zwischen den Eltern und dem behandelnden Arzt, die Anonymität des Samenspenders zu wahren, stellt im Verhältnis zu dem ungeborenen Kind einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter dar. Die Auskunftserteilung ist dem beklagten Arzt erst dann unmöglich, wenn er die benötigten Informationen auch nach einer umfassenden Recherche nicht mehr beschaffen kann.
2. Auskunftsanspruch des durch heterologe Insemination gezeugten Kindes gegen Reproduktionsklinik
Rz. 15
Ein Kind, das durch eine künstliche heterologe Insemination gezeugt wurde, kann grundsätzlich von der Reproduktionsklinik Auskunft über die Identität des anonymen Samenspenders verlangen. Ein bestimmtes Mindestalter des Kindes ist dafür nicht erforderlich. Machen die Eltern den Anspruch als gesetzliche Vertreter ihres Kindes geltend, setzt dies voraus, dass die Auskunft zum Zweck der Information des Kindes verlangt wird. Außerdem muss die Abwägung aller rechtlichen Belange – auch derjenigen des Samenspenders – ein Überwiegen der Interessen des Kindes an der Auskunft ergeben.
Rz. 16
Dem verfassungsrechtlich geschützten Recht eines Kindes auf Kenntnis von seiner Abstammung steht, so lange keine dagegen sprechenden Gründe geltend gemacht werden, keine Rechtsposition gegenüber, die den Auskunftsanspruch zu Fall bringen könnte. Der von den Eltern erklärte Verzicht auf die Auskunft zur Abstammung wirkt nicht zu Lasten des Kindes. Im Rahmen der Zumutbarkeit ist eine Abwägung der zu berücksichtigenden rechtlichen Interessen eines Kindes einerseits und des Samenspenders andererseits vorzunehmen.
3. Auskunftsanspruch des nichtehelichen Kindes auf Benennung der Großmutter
Rz. 17
Zum Recht eines nichtehelichen Kindes auf Benennung se...