I. Aufklärungspflichten des Notars
Rz. 113
Nach Ansicht des BGH ist der Notar, der einen Kaufvertrag über eine vermietete Immobilie beurkundet, dazu verpflichtet, abzuklären, ob die Vertragsparteien noch Regelungen zu treffen haben, die im Zusammenhang mit dem Übergang der Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Mietvertrag stehen. Der Anlass zur Klärung kann beispielsweise die notwendige Regelung des Zeitpunktes sein, zu dem die Mietzinsansprüche im Innenverhältnis der Vertragsparteien übertragen werden, sowie die Übergabe bestehender Mietsicherheiten.
Rz. 114
"Kauf bricht nicht Miete". Das Gesetz sieht in § 566 Abs. 1 BGB vor, dass der Käufer der vermieten Immobilie anstelle des Vermieters in alle Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Mietverhältnis eintritt. Dieser Eintritt wirkt, sobald der Erwerbertatbestand beendet ist, regelmäßig mit Wirkung des Zeitpunktes der Eigentumseintragung des Käufers in das Grundbuch.
Rz. 115
Strebt der Käufer der vermieteten Eigentumswohnung eine ordentliche Kündigung wegen Eigenbedarfs an, kann er diese nur als Vermieter (§ 573 BGB) wirksam aussprechen, also erst nachdem er durch seine Eigentümereintragung in das Grundbuch der Vermieter geworden ist. Der Eigenbedarfsgrund muss in der Kündigung angegeben werden und in der Person des Vermieters oder seiner Angehörigen liegen.
Rz. 116
Damit der Käufer weiß, welche konkreten Vereinbarungen mit dem Eigentumswechsel auf ihn übergeleitet werden, bedarf er der Kenntnis aller relevanten Mietvereinbarungen und der wirtschaftlich hiermit im Zusammenhang stehenden, bedeutenden Nachteile. Der Käufer benötigt somit insbesondere die Kenntnis aller:
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Nachträge zu den Mietverhältnissen, die für den Vermieter nachteilig außerhalb des vorgelegten Mietvertrags abgeschlossen wurden. Nachteilig kann z.B. der Kündigungsausschluss auf bestimmte Zeit sein, |
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Mietrückstände, |
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Vorausverfügungen des Verkäufers über die Miete, soweit § 566c BGB den Käufer davor nicht schützt, weil er davon noch vor dem Eigentumswechsel Kenntnis erlangt, |
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gerichtliche oder außergerichtliche Mietstreitigkeiten, |
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Mietminderungen oder Einbehalte, die Mieter geltend machen. |
II. Mietkaution
Rz. 117
In Kaufverträgen kommen Regelungen vor, wonach die vom Mieter geleistete Kaution samt Erträgen daraus vom Verkäufer – nach Kaufpreiszahlung – auf den Käufer zu übertragen ist samt Belehrung des Notars darüber, dass der Verkäufer für die Rückzahlung der Kaution haftbar bleibt, bis der Mieter ihrer Übertragung an den Käufer zugestimmt hat. Diese Regelung schützt den Verkäufer nicht genügend, weil es ihm passieren kann, dass er für die Kaution dennoch einstehen muss, wenn der Käufer als späterer Vermieter finanziell ausfällt. Der BGH leitet aus der Zustimmung des Käufers keinen Verzicht des Mieters auf seine Rechte der Mietsicherheiten gegen den ursprünglichen Eigentümer her. Anderslautende Urteile betrafen andere Gestaltungen und bezogen sich auf die Rechtslage vor der Mietrechtsreform. Dies hat zur Folge, dass der Verkäufer nicht von seiner Haftung für die Rückgewähr der Kaution durch die Zustimmung des Mieters zu deren Übertragung auf den Käufer befreit wird. Die Haftungsbefreiung des Verkäufers kann nur dadurch geschehen, dass entweder der Verkäufer und der Käufer (im Kaufvertrag) eine befreiende Schuldübernahme nach § 415 BGB vereinbaren, die erst mit Genehmigung des Mieters wirksam wird. Besser ist es, wenn der Verkäufer den Mieter dazu bewegt, ihn ausdrücklich aus der Haftung zu entlassen. Zur Genehmigung einer befreienden Schuldübernahme gem. § 415 BGB müsste der Kaufvertrag (zumindest auszugsweise) dem Mieter vorgelegt werden. Dies wünschen die Beteiligten regelmäßig allerdings nicht, sodass dem Notar auch nicht zu empfehlen ist, eine derartige Aufgabe für den Verkäufer zu übernehmen. Der Käufer selbst wird selten dazu bereit und in der Lage sein, mit dem Mieter eine Haftentlassung des Verkäufers gem. § 414 BGB zu vereinbaren. Zudem hindert die Vorschrift des § 551 Abs. 3 BGB den Käufer daran, die Kaution dadurch auf sich "überzuleiten", dass er mittels Aufrechnung in Kautionshöhe den Kaufpreis kürzt.
Rz. 118
Das Erlöschen der Verkäuferhaftung kann nicht dadurch erreicht werden, dass der Verkäufer nach Übergang des Besitzes an den Käufer, im Einvernehmen mit diesem, die Kaution an den Mieter zurückzahlt, wobei der Käufer, nachdem er Vermieter geworden ist, vom Mieter die Kaution erneut anfordert und sich auf den mit ihm bestehenden Mietvertrag und die darin verankerte Pflicht zur Leistung der Kaution sowie auf Treu und Glauben beruft. Der BGH hat in seinem Urteil vom 7.12.2011 eine Pflicht des Mieters aus § 242 BGB, die vom Verkäufer zurückgegebene Kaution dem Käufer zur Verfügung zu stellen zwar bejaht; der Grund für diese Entscheidung lag jedoch in besonderen Umst...