I. Mandatsannahme
Rz. 253
Dem Rechtsanwalt wird ein Mandat normalerweise entweder per Post, telefonisch oder persönlich erteilt.
1. Mandatserteilung per Post
Rz. 254
Geht ein Schreiben mit einer Mandatserteilung in der Kanzlei ein, muss der Anwalt zunächst entscheiden, ob er das Mandat übernehmen will. Wichtig ist dabei die Prüfung, ob eine Interessenkollision vorliegt. Eine Interessenkollision liegt schon dann vor, wenn nur die reine Möglichkeit eines Interessenkonflikts besteht, also schon bei der Annahme eines "doppelten" Mandats, und nicht erst dann, wenn tatsächlich für den Anwalt ein Interessenkonflikt eintritt. Die doppelte Mandatsannahme ist pflichtwidrig, § 43a Abs. 4 BRAO. Nach § 3 Abs. 1 BORA darf der Rechtsanwalt nicht tätig werden, wenn er, gleich in welcher Funktion, eine andere Partei in derselben Rechtssache im widerstreitenden Interesse bereits beraten oder vertreten hat oder mit dieser Rechtssache in sonstiger Weise im Sinne der §§ 45, 46 BRAO beruflich befasst war. Moderne Computerprogramme unterstützen den Rechtsanwalt bei der Feststellung, ob eine Interessenkollision vorliegt, da sie Daten aus den vergangenen Jahren abgleichen und eine entsprechende Warnung bei der Aktenanlage geben.
Rz. 255
Im Fall einer Interessenkollision (siehe unten) darf der Anwalt das Mandat nicht übernehmen. Will oder darf er ein Mandat nicht übernehmen, muss er das dem Schreiber des Briefs, der noch nicht Mandant ist, unverzüglich mitteilen, damit dieser Gelegenheit hat, sich um einen anderen Anwalt zu kümmern. Eine Begründung dafür, dass er das Mandat nicht übernehmen will, braucht der Anwalt nicht anzugeben. Liegt keine Interessenkollision vor und will der Anwalt – dies ist der Regelfall – das Mandat übernehmen, bestätigt er dem Mandanten gegenüber die Übernahme schriftlich bzw. in Textform. Dies kann z.B. mit dem folgenden Kurzbrief geschehen:
Rz. 256
Muster 2: Mandatsbestätigung
Muster: Mandatsbestätigung
Sehr geehrter Herr Meyer,
dankend bestätige ich den Erhalt der mir übermittelten Unterlagen. Sie baten mich, Herrn xy wegen einer offenstehenden Forderung in Höhe von 50.000,00 EUR außergerichtlich anzumahnen. Hiermit bestätige ich gerne die Übernahme des mir erteilten Mandates und danke für das entgegengebrachte Vertrauen.
An den Schuldner ist das aus der beigefügten Fotokopie ersichtliche Aufforderungsschreiben zur Absendung gelangt.
Über den Fortgang der Sache werde ich Sie informieren.
Mit freundlichen Grüßen
Unterschrift
Rz. 257
Selbstverständlich kann die Übernahme eines Mandats auch konkludent durch schlüssiges Handeln erfolgen. Erfolgt die Mandatsübernahme zu Sonderbedingungen, was bei Stamm-Mandanten vorkommen kann, werden diese Bedingungen ebenfalls bestätigt. Sofern der Anwalt in Ansehung des Mandats bereits Schritte unternommen hat, also den Gegner gemahnt hat oder in sonstiger Weise tätig geworden ist, werden mit der Mandatsübernahmebestätigung gleichzeitig Kopien der gefertigten Schriftstücke zur Kenntnisnahme des Mandanten übersandt. Selbstverständlich ist es für den Anwalt auch möglich, Fragen zu dem vom Mandanten unterbreiteten Stoff zu stellen oder seine Vorstellungen mitzuteilen, wie er die Angelegenheit zu bearbeiten gedenkt.
2. Persönliche Mandatserteilung
Rz. 258
Wird das Mandat persönlich, z.B. im Rahmen einer Besprechung, erteilt, muss der Anwalt ebenfalls entscheiden, ob er das Mandat annehmen möchte bzw. darf (siehe Rdn 254 u. Rdn 268). Ist dies nicht der Fall, muss dies dem Ratsuchenden wiederum unverzüglich mitgeteilt werden.
Rz. 259
Möchte der Anwalt das Mandat übernehmen, ist es grundsätzlich sinnvoll, den Mandanten eine Vollmacht unterschreiben zu lassen. Formulare hierfür sind im Fachhandel erhältlich oder werden selbst erstellt. Die Vollmacht wird in einer Vielzahl von Verfahren benötigt, um die Legitimation des Anwalts nachzuweisen. Man unterscheidet dabei zwischen außergerichtlichen Vollmachten, Prozessvollmachten und Strafprozessvollmachten, je nach Mandatserteilung. Zwar ist, um den Mandanten nicht mehrfach Vollmachten unterschreiben zu lassen, in der Praxis die Verwendung von "Allzweckvollmachten" beliebt geworden. Im Hinblick auf das neue Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bietet sich aber dies nicht an, da der Rechtsanwalt im Zweifelsfall nicht konkret nachweisen kann, ob er Prozessauftrag oder aber Auftrag zur außergerichtlichen Vertretung hatte (nähere Ausführungen erfolgen im Kapitel Kosten- und Gebührenrecht). Die Unterscheidung spielt jedoch für die Gebühren eine große Rolle. Wenn auch die Vollmacht kein Beweis für den erteilten Auftrag ist, so ist sie doch immerhin Indiz.
Rz. 260
Bei der Besprechung sollte der Anwalt im Übrigen den Sachverhalt möglichst genau ermitteln. Der Anwalt sollte sich dabei nicht scheuen, auch unangenehme Fragen zu stellen, um umfassend informiert zu sein. Neben dem Sachverhalt muss der Anwalt auch die für das Mandat relevanten Daten erfragen, d.h. Name, Anschrift, Erreichbarkeit des Mandanten, Name und Anschrift des Verfahrensgegners, eventuell bestehende Rechtsschutzversicherungen des Mandanten.
Rz. 261
Der Anwalt sollte sich mit ...