a) Prinzip
Rz. 279
Während vergangene/aufgelaufene Schadenpositionen addiert werden, wird für laufende künftige Rentenleistungen deren Barwert ermittelt, also derjenige Kapitalbetrag bestimmt, der zusammen mit dem Zinsertrag ausreicht, während einer bestimmten Zeit, oder der durchschnittlich noch zu erwartenden Lebens- oder Erwerbsdauer, die an sich geschuldete Rente zu zahlen.
Rz. 280
Die nachfolgende Abbildung (Abbildung 1.1, Rdn 281) zeigt die Alternative zwischen
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einerseits einer regelmäßigen jährlichen Zahlung eines Betrages von jeweils 7.000 EUR über den gesamten Zeitraum von 25 Jahren hin (nach 25 Jahren: 25 * 7.000 EUR = 175.000 EUR) und |
▪ |
andererseits einem (mit 5 %) abgezinsten Einmalbetrag von gerundet 100.000 EUR (KF = 14,1 [5,0 %]; Zeittabelle, § 6 Rdn 27), ausgezahlt "heute" als Einmal-Kapital vor jeweiliger Fälligkeit und gezahlt an Stelle der nur sukzessive fällig werdenden Jahresraten (dazu auch die Darstellung zu Rdn 604 ff.). |
Rz. 281
Abbildung 1.1: Kapitalisierung laufender Renten
Rz. 282
Die einzelnen Berechnungsfaktoren sind nach den Besonderheiten des Falles zu schätzen, wobei die Beteiligten Prognosen zur künftigen Entwicklung der Lebensumstände des Verletzten bzw. Getöteten und der wirtschaftlichen Daten wagen müssen. Letztlich ist der Kapitalbetrag unter Abwägung der beiderseitigen Interessenlagen frei auszuhandeln.
b) Faktoren
Rz. 283
Die Laufzeit der Schadenersatzrente bestimmt sich
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aus dem Stichtag der Barwertberechnung (Rdn 290 ff.), |
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dem Alter des Unfallbeteiligten (und damit dessen konkreter Lebenserwartung), |
▪ |
einem voraussichtlichen Änderungszeitpunkt in der Rentenhöhe sowie |
▪ |
dem in der Zukunft liegenden Ende der Rentenempfangsberechtigung. |
c) Allgemeines
aa) Vorschaden
Rz. 284
Siehe zu Reserveursachen, Vorschaden und überholender Kausalität § 2 Rdn 465 ff.
bb) Einzelbetrachtung der Schadenersatzgruppen
Rz. 285
Die Laufzeiten sind für jede Schadenersatzgruppe getrennt zu bestimmen. Es kann sein, dass ein Ersatzanspruch (z.B. Verdienstausfall) erst gar nicht besteht, zu einem frühen Zeitpunkt endet oder aber anders zu berechnen ist als ein Anspruch aus einer anderen Gruppe (z.B. Pflegekosten), der bis zum Lebensende bestehen bleibt.
Rz. 286
Für jede einzelne Schadenposition ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang sich unfallfremde Erkrankung und unfallkausale Schädigung auf den materiellen Schaden der Höhe nach auswirken. Dabei können im Verlaufe der Schadenentwicklung auch immer wieder neue Prüfungen angezeigt sein, da das Verhältnis "unfallfremd zu unfallabhängig" nicht statisch, sondern dynamisch (d.h. ein sich entwickelnder Prozess) ist.
Rz. 287
Beispiel 1.6
A ist bereits vor dem Haftpflichtgeschehen erwerbsunfähig erkrankt.
Ergebnis
Während die unfallkausal gesteigerten Heilbehandlungskosten und vermehrte Bedürfnisse u.U. lebenslang zu ersetzen sind, besteht kein Verdienstausfall.
Rz. 288
Beispiel 1.7
A ist vor dem Unfallgeschehen gesund. Eine unfallkausale Beinversteifung führt zur Erwerbsunfähigkeit des A.
Ergebnis
Während Heilbehandlungskosten nicht (mehr) anfallen, ist der Erwerbsschaden zu ersetzen.
Wenn zu einem späteren Zeitpunkt dann eine Herzerkrankung ebenfalls zur Erwerbsunfähigkeit führt, entfällt der zu ersetzende Verdienstausfallschaden.
Kommt es unfallkausal zur endoprothetischen Versorgung der Hüfte und führt dabei die unfallfremde Herzerkrankung zu einer Verteuerung der Operationskosten, sind diese vom Schädiger zu tragen.
d) Beginn
Rz. 289
Ein ersatzfähiger Schaden kann erst mit dem Schadenzeitpunkt – und nicht etwa mit Beginn desjenigen Monats, in dem der Schaden sich ereignete – beginnen (auch Rdn 488, 568). Eine "Aufrundung" auf ganze Monate oder gar Jahre ist unzulässig, solange Ersatzpflichtiger und Ersatzberechtigter sich nicht auf eine andere Berechnungsmodalität verständigen.