Rz. 163
Hat ein Sozialleistungsträger (SVT, SHT) aufgrund des Schadenereignisses dem Geschädigten bzw. dessen Hinterbliebenen keine höheren Sozialleistungen zu erbringen als vor dem Ereignis (z.B. im Falle der unfallbedingten Witwenrente), geht bei Mitverantwortlichkeit des unmittelbar Geschädigten der Schadenersatzanspruch nur insoweit auf den Sozialträger über, als die Schadenersatzleistung nicht zur vollen Deckung des Schadens des unmittelbar Geschädigten bzw. seiner Hinterbliebenen erforderlich ist (§ 116 Abs. 5 SGB X). Sind die Ersatzansprüche der Hinterbliebenen aufgrund der Mitverantwortung (wegen eines Mitverschuldens oder verschuldensunabhängig aufgrund einer Gefährdungshaftung, etwa der eigenen Betriebsgefahr oder der Tierhalterhaftung) zu kürzen, steht den Hinterbliebenen ein Quotenvorrecht zu.
Rz. 164
Die Regelung des § 116 Abs. 5 SGB X hat vor allem praktische Bedeutung für den Tod eines Rentners (Regress des RVT, aber auch des UVT). Das Quotenvorrecht gilt aber nicht nur für den Fall des sog. Rentnertodes (Getöteter war im Unfallzeitpunkt bereits Rentner), sondern auch dann, wenn der Getötete im Unfallzeitpunkt zwar noch kein Altersrentner war, der Unterhaltsschaden jedoch auch für Zeiten nach fiktiver Verrentung zu regulieren ist. In letzterem Fall hat eine entsprechende Neuberechnung für die Zeit ab hypothetischer Verrentung zu erfolgen.
Rz. 165
Beispiel 1.4
Durch einen von X verschuldeten Unfall wird der Rentner V getötet. V hinterlässt die Witwe W. Die Haftungsquote zu Lasten des X beträgt 50 %.
Der Rentenversicherer RVT zahlte an V zuvor eine Altersrente in Höhe von 1.000 EUR. W erhält nach dem Tode des V von RVT 600 EUR als Hinterbliebenenrente.
Der Unterhaltsschaden der W beträgt 1.000 EUR.
Ergebnis
1. |
Der Unterhaltsschaden der W beträgt |
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1.000 EUR |
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vom Schädiger zu ersetzen (Haftungsquote) |
50 % = |
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500 EUR |
2. |
Drittleistung (Rente) |
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600 EUR |
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3. |
ungedeckter Schaden der W |
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400 EUR |
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quotenbevorrechtigte Forderung der W |
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→ |
400 EUR |
4. |
verbleiben für RVT |
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100 EUR |
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(Forderungsübergang nur in dieser Höhe) |
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Vom zu zahlenden Schadenersatz (500 EUR) erhält W 400 EUR und RVT lediglich 100 EUR.
Rz. 166
Beispiel 1.5
(Ausgangssituation wie Beispiel 1.4, Rdn 165)
Zum Vergleich: Falsche Berechnung entsprechend der relativen Theorie (§ 116 Abs. 3 SGB X) zugunsten des SVT (im Beispiel RVT) bei Außerachtlassen des Vorrechts:
Hinterbliebenenrente des RVT |
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600 EUR |
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davon (unzutreffend) Haftung |
50 % = |
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300 EUR |
Rz. 167
Auch wenn der Hinterbliebene das zu seinen Gunsten geltende Quotenvorrecht nicht einwendet, kann der Drittleistungsträger mangels Forderungsübergangs nicht auf diesen (aufgegebenen) Anspruch zurückgreifen. Der Anspruch ist in der Hand des geschädigten Hinterbliebenen und geht dort durch Verjährung oder Abfindung unter.