(a) Finanzielle Eintrittspflicht
Rz. 86
Der Schadenersatzpflichtige selbst haftet, sofern ihn keine Haftungshöchstsumme vor höheren finanziellen Belastungen schützt, dem Ersatzberechtigten gegenüber unbeschränkt aus eigenem Vermögen und Einkommen auf Schadenersatz (Rdn 10, § 2 Rdn 396). Die vom Haftpflichtversicherer zur Verfügung zu stellende Versicherungssumme (im Falle der Versicherungsschutzversagung in den gesetzlich vorgesehenen Fällen dann Mindestversicherungssumme) ist begrenzt (entweder durch die vertragliche Vereinbarung mit dem Versicherungsnehmer oder durch gesetzliche Vorgaben [z.B. Rdn 85]), auch wenn die Grenzen manchmal sehr hoch liegen können.
Rz. 87
Die Einstandspflicht eines Versicherers orientiert sich an der risikoadäquaten Prämienzahlung seines Versicherungsnehmers – und nicht an den von den versicherten Personen angerichteten Schäden. Der Opferschutz ist nur im Rahmen der Pflichtversicherung und der dazu bestimmten Mindestversicherungssummen relevant, darüber hinaus dient der Versicherungsumfang nur dem Schutz des Täters. Rein vorsorglich – auch wenn sich dies eigentlich von selbst versteht – sollte der Haftpflichtversicherer im Vorfeld der Schlussregulierung (auch bei Teilvergleichen) verdeutlichen (Rdn 92), dass er nur eine begrenzte Geldsumme zur Verfügung stellt – nämlich eine solche Summe, für deren Zahlungsrisiko er zuvor auch seitens der versicherten Person eine adäquate Gegenleistung (Versicherungsprämie) erhalten hat. Besonderheiten gelten im Bereich der Pflicht-Haftpflichtversicherung wegen des dort zu gewährleistenden Opferschutzes (§ 117 VVG).
Rz. 88
Es ist angezeigt, wenn ein größerer Personenschaden abzuwickeln ist, die zur Verfügung stehende (Mindest-)Versicherungssumme der Gegenseite (Direktgeschädigter, Drittleistungsträger) informatorisch mitzuteilen, verbunden mit dem Zusatz, dass eine darüber hinausgehende Zahlungsverantwortlichkeit des Haftpflichtversicherers nicht besteht ("Die Eintrittspflicht ist auf die vereinbarte Versicherungssumme von 10 Mio. EUR beschränkt", "Wir leisten als Kfz-Haftpflichtversicherer nur im Rahmen der Mindestversicherungssumme von 7,5 Mio. EUR"). In einem Prozess ist ebenfalls auf die Beschränkung der finanziellen Eintrittspflicht der – hinter einem in Anspruch genommenen Schadenersatzpflichtigen stehenden – Versicherung hinzuweisen.
(b) Kfz-Pflichtversicherer
Rz. 89
Wird in einem Vergleich mit einem Kfz-Pflichtversicherer keine ausdrücklich erklärte Beschränkung auf die Versicherungssumme aufgenommen, ergibt die am objektiven Empfängerhorizont orientierte Auslegung nach §§ 133, 157 BGB, dass der Pflichtversicherer gleichwohl nicht über die durch § 3 Nr. 1 PflVG a.F., § 115 Abs. 1 S. 2 VVG gesetzten Grenzen hinaus zahlungspflichtig ist. Siehe auch Rdn 106, § 2 Rdn 572 ff.
Rz. 90
Als schriftliche Erklärung (auch zur Beendigung der Verjährungshemmung nach § 115 VVG) bietet sich an:
Wir erklären unsere Bereitschaft, die (künftigen) unfallbedingten Aufwendungen mit einer Haftungsquote von x % zu unseren Lasten im Rahmen der zur Verfügung stehenden Versicherungssumme in Höhe von … EUR zu tragen. Künftige Ansprüche werden wir gegen Nachweis entsprechend regulieren.
(c) Allgemeine / Berufs-Haftpflicht
Rz. 91
Soweit der Arzthaftungssenat des OLG Hamm die Ansicht vertrat, dass allgemeine Haftpflichtversicherer – anders als Kfz-Haftpflichtversicherer – grenzenlos zahlen wollen/müssen, wenn sie in der (auch außergerichtlichen) Regulierung nicht verdeutlichen, dass sie nur eine konkrete Versicherungssumme zwecks Deckung (Ablösung der finanziellen Verantwortlichkeit der versicherten Personen) zur Verfügung stellen, wird die akzessorische Zahlungsverantwortung übersehen. Zudem wird verkannt, dass die Höhe der Versicherungsleistung unmittelbar von der (bei höheren Versicherungssummen erhöhten) Prämienzahlung abhängt.
Rz. 92
Angesichts der vorgenannten (Rdn 91) OLG Hamm-Entscheidung ist in der (vor allem außergerichtlichen) Regulierung aufzupassen, wenn z.B. Quoten- oder Kausalitätsvergleiche oder Vorbehaltsabfindungen geschlossen werden. Um Missverständnissen vo...